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Es werden Posts vom August, 2008 angezeigt.

Omohide poro poro / Only Yesterday (Isao Takahata, Japan 1991)

Um es gleich vorweg zu sagen: GRAVE OF THE FIREFLIES-Regisseur Takahata weiß auch mit diesem Film zu begeistern. Taeko, eine 27jährige Frau, hat ihren letzen Arbeitstag in einem Tokyoter Büro und macht sich auf den Weg zu ihren Verwandten auf's Land, um dort Urlaub zu machen und bei der Landwirtschaft zu helfen. Dort lernt sie den Freigeist Toshio kennen - sie verstehen sich gut, verbringen viel Zeit miteinander und insgeheim beginnt man zu hoffen, daß vielleicht sogar ein Pflänzchen der Liebe daraus erwachsen möge. Während der Fahrt erinnert sie sich an ihre eigene Kindheit, an ihr erstes schüchternes Verliebtsein, den strengen Vater, ihre Schwestern, ihre Schulfreundinnen und die schlechten Noten in Mathe. Takahata gelingt es wieder einmal, eine sehr berührende Geschichte zu erzählen. Sein souveräner Umgang mit Kitsch, der stets als solcher ausgestellt wird und als Ausbruch der Euphorie und Energie eine Form findet, macht aus der sehr gefühligen Story ein mitreißend romantisc

Falten und Fallen - außerasiatische Verirrungen

Martyrs Pascal Laugier, Frankreich 2008 Ein Film, über den man im Vorfeld schon so viel gehört und gelesen hat, daß er hinter dem Hype zu verschwinden droht. Das Dank der blitzschnellen Berichterstattung, des Sensationsjournalismus, und auch, ja: Dank Foren und Blogs. Superlative allent halben werden bemüht: der heftigste Film ever, Ohnmacht im Kinosaal, Zensur oder 16 Freigabe, kalkulierter Torture-Porn-Bastard oder französisches Arthauskino - dies in kurz die Schlagworte. Der Film, der verschwindet im Nebel . Dieser auch ein Film, den man sich stattdessen ansehen könnte, wenn man den Hype um Martyrs boykottiert. Nun denn, aber man könnte ja auch was über den Film selbst schreiben, nicht! Wie verhält man sich emotional gegenüber Bildern, die ein geprügeltes Mädchen in Unterwäsche zeigen, die offensichtlich aus einer verlassenen Industrielagerhalle flieht, stolpernd, schreiend und wimmernd, mit letzter Kraft? Wie, wenn die Kamera so dicht auf allem drauf ist, daß nicht einmal der eig

Stummfilmfestival Bonn

Träume jeder Nacht / Yogoto no Yume Mikio Naruse, Japan 1933 [Länge: 1754 Meter, 64 min, 24 B/s, Zwischentitel japanisch mit engl. UT, Musik: Aljoscha Zimmermann (Flügel)] Omitsu (Sumiko Kurishima) arbeitet als Hostess in einer Bar und schafft es gerade so, sich und ihren kleinen Sohn zu ernähren. Als sie aus dem Gefängnis entlassen wird, in dem sie wegen eines Prostitutionsvorwurfs einsaß, ist die Freude übergroß, endlich wieder ihren Sohn in die Arme schließen zu können. Doch auch der Vater des Kindes, von dem sie sich vor geraumer Zeit getrennt hatte, stellt sich ein. Er ist zwar nicht unsympathisch, aber ein Herumtreiber und arbeitsfaul. Als sie aber sieht, wie liebevoll er sich um seinen Sohn kümmert, wird ihr Herz weich, und sie läßt ihn wieder in die Familie hinein; mit der Folge, nun noch einen Esser mehr mitfinanzieren zu müssen. Als Der Junge vom Auto angefahren wird, spitzt sich die Lage zu... Wir befinden uns im Naruse-Kosmos. Sein –tatsächlich!- bereits vierter Film

Buchrezension: Florian Coulmas, Die Kultur Japans - Tradition und Moderne

 Der 1949 geborene Coulmas ist Professor für Kultur, Geschichte und Sprache des modernen Japans an der Uni Duisburg und hat 17 Jahre in Japan gelebt. Er versteht es sehr gut, Kulturgeschichte anschaulich zu vermitteln und gliedert das Buch in vier Kapitel: Verhalten und soziale Beziehungen (Übergangsriten, Verwandtschaft, Etikette), Werte und Überzeugungen (Religionen und Glauben), Institutionen (Schule, Firma) und die sog. Materielle Kultur (Körper, Kleidung, Mode, Architektur, Kunst). Das Buch zeichnet sich vor allem durch eine unglaubliche Materialfülle und einen großen Detailreichtum aus, was es einerseits sehr informativ, es andererseits aber auch oft zäh erscheinen läßt, da scheinbar aus Gründen der Vollständigkeit eben noch dieser und jener Punkt abgehandelt werden muß. Überhaupt gibt es einige Überschneidungen im Text, und auch stilistisch gibt es Gegensätze: Zu einem nüchternen, universitär-wissenschaftlichen Stil gesellt sich eine Mündlichkeit, die vermuten läßt, hier wurde

The Betrayal / Daisatsujin orochi (Tokuzo Tanaka, Japan 1966)

Herr Tanaka soll ja auch immer wieder einen ungemeinen Trash fabriziert haben; etwa mit THE GIRL WITH THE BAMBOO LEAVES (1969), in dem die Heldin gestandene Samurai mit entgegengepeitschten, scharfkantigen Bambusblättern zerschneidet. Denn: was sind schon geschmiedete Schwerter gegen Bambusblätter! Nun denn, THE BETRAYAL ist Chambara auf ernst, und jedenfalls: enorm gelungen. Raizo Ichikawa spielt einen noch jungen, etwas naiven, Samurai kurz vor der Heirat, der dummerweise die Schuld einer Tötung auf sich nimmt um die Ehre des Clans zu retten. Er geht also stellvertretend ins Exil - der wahre Schurke ist der Sohn des Clanbosses - mit der Aussicht, in einem Jahr zurückkehren zu können, und seine Geliebte (Shiho Fujimura) zu trauen. Da hat er sich ordentlich geschnitten (!.., ja ja), denn letztendlich wird er gejagt und für immer ein Gejagter bleiben; die Turns und Twists werde ich nicht verraten, aber sie sind ungeheuerlich. Das Finale ist ein besonderer Augenschmaus: denn das, ja d

Black Test Car / Kuro no tesuto kaa (Yasuzo Masumura, Japan 1962)

Das junge aufstrebende Automobilunternehmen “Tiger” steht kurz davor, den neuen, schnellen und schnittigen Sportwagen „Pioneer“ auf dem japanischen Markt zu platzieren. Die Testphase geht in die letzte Runde. Doch bei einer Hochgeschwindigkeitsfahrt fliegt die mit einem schwarzen Tuch verhüllte Kiste aus der Kurve, zerschellt, explodiert und geht anschließend in Flammen auf. Eine Katastrophe, sollte das bekannt werden. Doch die Spione der Konkurrenz sind nicht tatenlos: mit Mikrophon und Fotoapparat versteckt man sich in den Büschen und Bäumen, um einen Blick auf das neue Modell zu erhaschen. Denn „Yamato“, die bereits etablierte Konkurrenz, will mit ihrem „Mypet“ Sportwagen ein ähnliches Modell auf den Markt lancieren, und sich nicht von ebendiesem verdrängen lassen. Ein erbitterter Wettkampf beginnt… Im vier Jahre zuvor gedrehten GIANTS & TOYS hatte Masumura schon einmal eine Wirtschaftssatire auf die japanische Nachkriegsgesellschaft gedreht; da allerdings in poppigen Farben,