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Hanzo - Razor 2: The Snare / Goyôkiba: Kamisori Hanzô jigoku zeme (Yasuzo Masumura, Japan 1973)

Hanzos zweite Mission führt den aufrechten Gendarmen wieder tief in den Sumpf von Korruption, Gewalt, Frauenhandel und Obrigkeitsdünkel hinein. Wieder einmal schafft er es durch seine ungewöhnlichen Verhörmethoden, dessen überzeugendstes Mittel sein gewaltiger Penis ist, die nötigen Informationen zu beschaffen.

Wie schon im ersten Teil geht es nicht gerade moralisch zu: die gefolterten Frauen lassen die Gegenwehr spätestens dann fahren, wenn sie auf kreative Weise von Hanzo (Shintaro Katsu) vergewaltigt werden, denn ihre anfänglichen unbeschreiblichen Qualen des Mißbrauchs schlagen um in eine erregte Begeisterung ob der Techniken und Fähigkeiten des Peniskünstlers.
Hanzo prophezeit das immer schon vorher, denn diese Methode hat sich bereits mehrfach in der Vergangenheit bewährt. Nur glauben wollen sie's nicht. Wenn wundert es da bei solcher Art Plotentwicklung, daß sie von diesem Mann nicht mehr lassen wollen. Und Hanzo bricht ihnen das Herz, wenn er sie später zurückweist. Passiert ja alles ganz dienstlich.

Auch der zweite Teil der Trilogie zeichnet sich durch Episodenhaftigkeit aus: zuerst werden die Machenschaften in einem Tempel aufgedeckt, in der die Äbtissin die Nonnen an foltergeile Beamte verkauft, im zweiten deckt er eine damit lose zusammenhängende Korruptionsaffäre in einer Münzprägerei auf. Auch dort überzeugt Hanzo die Hausvorsteherin mit seinen körperlichen Argumenten. Auch diese Frau schmilzt dahin.

Begleitet wir das bunte Treiben, die eruptierenden Blutfontänen, die Körperverstümmelungen und Folterungen mit einem grenzgenialen Score von Isao Tomita (der auch für den Score von Yoji Yamadas TWILIGHT SAMURAI, THE HIDDEN BLADE und den zuletzt erschienenen KABEI: OUR MOTHER verantwortlich ist), der in diesem Film entweder funky oder fast experimentelle Töne anschlägt, und so immer auch sehr fein zum ästhetischen Genuß beizutragen weiß.

Die Leistung Masumuras bei diesem Unterhaltungsfilm ist tadellos: er fügt sich hervorragend in den Stil und die Vorgaben der Serie ein, läßt Katsu, der neben der Hauptrolle auch produziert hat, allen Raum und liefert eine sehr solide Arbeit ab, die aber, vermutlich aufgrund der kontextuellen Einbettung in die Serie, recht wenig die eigeständige Handschrift des Regisseur erkennen läßt. Masumura hatte es immer hervorragend geschafft, sich in die Verhältnisse einzufügen und dennoch den Filmen seinen Stempel aufzudrücken. Im zweiten HANZO hat er sich wohl etwas zurückgenommen. Dennoch ein sehenswertes Teil, tatsächlich.

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Abschied

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