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Her Vengeance / Xue mei gui (Ngai Kai Lam, HK 1988)


Die Nachtclubhostesse Kit-Yin (Pauline Wong) wird nach einer Auseinandersetzung mit rüpelhaften, betrunkenen Gästen vom Oberfiesling nochmal schief angeguckt, bevor sie hinausgeworfen wird. Das hat ein Nachspiel, klar, und besagte Dame stöckelt dann spätnachts allein durch dunkle Gassen nach Hause. Die Männerbande lässt nicht lange auf sich warten, zerrt sie auf einen Friedhof und vergewaltigt ihr Opfer. Da sich Kit-Yin auch um ihre erblindete Schwester kümmert (da die Eltern der beiden - dank Drehbuch - von ausgerechnet eben jenen Gangstern getötet wurden) hat sie noch Hemmungen, zu ihrem Schwager zu reisen, ebenfalls ein Nachtclubbesitzer, und um dessen Hilfe zu bitten. Dieser sitzt außerdem im Rollstuhl. Doch ist die Behinderung kaum eine Einschränkung, denn er ist ein hervorragender Kung Fu-Kämpfer, der aus seinem Gebrechen einen großen Vorteil zieht: Er überrascht seine Gegner mit der unbekannten Wheelchair-Kung-Fu-Technique. Am Ende kommt es zu einem Showdown mit viel Rabatz und wider einmal lernt man: ein Hollywood-Finale sieht anders aus.

Kann man sich auch denken beim Regisseur von STORY OF RICKY. Was oben so flapsig formuliert wurde, ist natürlich dem unglaublich hanebüchenen Drehbuch geschuldet, das allzuviele Zufälle bündelt, um auch nur ansatzweise glaubhaft zu sein. Doch darauf kommt es nun auch nicht an. Denn der Film ist kein Quark mit Soße, auch wenn er leider nur teilweise gut gefilmt ist. Er ist ein besonders unangenehmer Vertreter der Gattung der Rape and Revenge - Movies, und zudem auch ein immer wieder sauspannender Thriller. Denn HER VENGEANCE ist vor allem eines: enorm grimmig. Bitter. Dunkel. Düster. Und bisweilen unfassbar brutal. Man hat es hier mit der ironiefreien Seite der 80er zu tun, also mit pumpendem Diskosound und schlechten Frisuren zu schlechten Zähnen. Und die Nägel stecken erst im Brett, dann in der Hand. Ein sauberer Hieb in die Magengegend ist dieser Film, und für Genrefans unbedingt zu empfehlen.

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Gesehen habe ich die Joy Sales Neuauflage, die mit CAT III eingestuft wurde, aber nur die CAT IIb - Fassung enthält, also die in den Gewaltszenen (Vergewaltigung, Pornodreh, usw.) zwar geschnittene, dafür in den Handlungsszenen ausführlichere Fassung. Auf dieser aber ist etwa die Szene enthalten, in der Kit beim Arzt vollkommen ausrastet, als er ihr in sekundenschnelle eine AIDS-Diagnose stellt. Eine toll gefilmte, superintensive Szene mit extrem dynamischer Kameraführung - sollte man sich definitiv ansehen. Es wäre natürlich erstrebenswert, eine aus beiden Fassungen kombinierte Langfassung verfügbar zu haben. Diese existiert meines Wissens aber leider nicht.

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Tora-san: Our Lovable Tramp / Otoko wa tsurai yo / Tora-San 1 (Yoji Yamada, Japan 1969)

Nach zwanzig langen Jahren des Umherstreifens kehrt Torajiro (Kiyoshi Atsumi) nach Hause zurück: nach Shibamata, einem Vorort von Tokyo. Seine Schwester Sakura (Chieko Baisho) lebt mittlerweile bei Onkel und Tante, da die Eltern verstorben sind. Dort wird er mit offenen Armen empfangen, auch wenn alle wissen, was er für ein Herumtreiber ist. Sakura steht kurz vor der Hochzeit mit dem Sohn eines reichen Industriellen. Somit wäre für ihre Absicherung gesorgt. Zum gemeinsamen Essen mit dessen Eltern nimmt sie Tora als Begleitung mit; das allerdings war ein Fehler: in fantastisch kopfloser Weise betrinkt er sich und ruiniert mit seiner gespielten weltläufigen Gesprächsführung die Zusammenkunft - er verstößt in jeder Form gegen die gebotene Etiquette. Wie er auch im Folgenden, wenn er sich in die Brust wirft, um etwas für andere zu regeln, ein pures Chaos schafft und alles durcheinander bringt. Der Film allerdings ist keine reine Komödie. Denn Tora werden die Verfehlungen vorgehal

Abschied

Micha hat diesen Blog fast 15 Jahre mit großer Leidenschaft geführt. Seine Liebe zum asiatischen Kino hat ihn in dieser Zeit in Kontakt mit ganz unterschiedlichen Menschen gebracht. Viele von euch waren ihm, wenn auch nicht räumlich, so doch gedanklich und emotional sehr nah. Jetzt ist er am 30.12.2021 zuhause in Bonn gestorben. Ich habe mich entschlossen, Michas Schneeland-Blog auch in Zukunft nicht offline zu stellen. So können Interessierte weiterhin all die klugen, detailgenauen und begeisternden Gedanken zum asiatischen Kino nachlesen, die er über die Jahre festgehalten hat.  Neben seinem Blog hatte Micha 2021 noch ein neues Projekt aufgenommen: Gemeinsam mit der Videokünstlerin Sandra Ehlen und Thomas Laufersweiler von SchönerDenken hatte er begonnen, in einem Podcast das filmische Werk von Keisuke Kinoshita zu besprechen. 25 Beiträge sind so bis zu Michas Tod im Dezember noch entstanden. Alle zwei Wochen erscheint nun eine Folge dieser Kinoshita-Reihe. V ielleicht eine schöne

Kandagawa Wars / Kandagawa Inran Senso (Kiyoshi Kurosawa, Japan 1983)

Zwei aufgedrehte Mädels beobachten mit ihren Ferngläsern des Nachts nicht nur die Sterne am Firmament, nein, sondern auch den Wohnblock auf der anderen Seite des Flusses gegenüber. Dort nämlich spielt sich Ungeheuerliches ab: ein junger Mann, der sich für Godard, John Ford, Deleuze und seine Querflöte interessiert, wird von seiner Mutter in regelmäßigen Abständen zum Geschlechtsverkehr gezwungen. Diese inzestuöse Schweinerei können die beiden nicht mehr länger tolerieren und so planen sie, den Unterdrückten aus seiner Sexhölle zu befreien - um ihn selbst zu besteigen, quasi als Heilmittel. Dabei haben sie nicht bedacht, dass der junge Herr vielleicht sogar ganz glücklich war mit seinem Muttersöhnchenstatus. Einmal fremdgegangen, will er sich direkt von der Brücke stürzen. Zudem wäre auch im eigenen Bette zu kehren: denn eine der beiden aufgeweckten Freiheitskämpferinnen wird selbst recht ordenlich unterdrückt. Ein ekliger Brillentyp, sowas wie ihr Freund, besteigt sie in unersättli