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Naked Bullet / Otoko goroshi onna goroshi: hadaka no zyudan (Kôji Wakamatsu, Japan 1969)


Der Gangster Sho (Ken Yoshizawa) hat sich mit seiner Geliebten abgesetzt, da sie den vom Bandenboss eingeforderten Beischlaf verweigert hatte. Tief enttäuscht und vom Yakuzaleben angewidert, verstecken sie sich in einem Appartment. Da entdecken sie zufällig in der Zeitung eine Anzeige, in der anonym um ihre Rückkehr gebeten wird: alles sei verziehen und vergessen. Gutgläubig machen sie sich auf den Weg zum Hauptquartier, doch dort angekommen wird Sho zusammengeschlagen und dazu gezwungen, seinen kleinen Finger abzuschneiden; die Freundin wird nackt angeknüpft und vergewaltigt. Sho ist also wieder auf Linie. Doch kurze Zeit später dreht er mit zwei Kumpels ein halsbrecherisches Ding: sie überfallen die Drogenübergabe fremder Gangsterbanden, rauben den Stoff, das Geld, und entführen Akemi (Miki Hayashi), die Geliebte des Chefs, die es Sho angetan hat. Wieder versteckt man sich in einem Appartment - doch kurze Zeit später türmt Sho mit ihr - und hat sich nun wirklich alle zu Verfolgern gemacht. Und ob er Akemi wirklich trauen kann, steht in den Sternen.



NAKED BULLET ist ein ausgezeichneter, am Film Noir angelehnter Yakuza-Gangster-Genrefilm, der, voller Tempo, immer wieder mit deftigen Pinku-Einlagen (die Folter-, Vergewaltigungs- und Beischlafszenen) gewürzt ist. Subtiler Humor ist auch vorhanden, den muss man aber erst entdecken. Hervorragende Bilder runden diese kurzweilige Angelegenheit ab, sehr stylish ist das alles. Und bisweilen grotesk: im Unterschlupf etwa stehen für die vom Raub Zurückkehrenden gebratene, aber ganze Hähnchen, also eigentlich riesige Hühner auf dem Tisch (mit Köpfen, Beinen und Krallen). Der Yakuza isst sein Geflügel aber frelich mit Händen, beißt direkt hinein, reißt sich die Fleischstücke heraus. Die Geisel ist extrem angewidert von dieser zur Schau gestellten Vernichtung von Lebewesen.



Dass am Ende den Film, nach dem Showdown, der in eine heiße Schießerei ausartet, kaum einer überlebt, dürfte klar sein. Und wer nach einem politischen Mehrwert im Film sucht, wird kaum einen finden. Interessant allerdings ist wieder einmal mehr die starke Frauenfigur im Film. Zunächst das Opfer männlicher Willkür, weiß Akemi sehr wohl die vorhersehbaren Funktionsweisen der männlichen Psyche für ihren Vorteil zu nutzen und am Ende zu triumphieren. Allerdings ist auch sie nicht kugelsicher und mit der Ehre ist es nicht mehr weit her, wenn der Mann schwer verwundet und angeschossen am Boden liegt und bereits ins Jenseits aufgebrochen ist.



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Tora-san: Our Lovable Tramp / Otoko wa tsurai yo / Tora-San 1 (Yoji Yamada, Japan 1969)

Nach zwanzig langen Jahren des Umherstreifens kehrt Torajiro (Kiyoshi Atsumi) nach Hause zurück: nach Shibamata, einem Vorort von Tokyo. Seine Schwester Sakura (Chieko Baisho) lebt mittlerweile bei Onkel und Tante, da die Eltern verstorben sind. Dort wird er mit offenen Armen empfangen, auch wenn alle wissen, was er für ein Herumtreiber ist. Sakura steht kurz vor der Hochzeit mit dem Sohn eines reichen Industriellen. Somit wäre für ihre Absicherung gesorgt. Zum gemeinsamen Essen mit dessen Eltern nimmt sie Tora als Begleitung mit; das allerdings war ein Fehler: in fantastisch kopfloser Weise betrinkt er sich und ruiniert mit seiner gespielten weltläufigen Gesprächsführung die Zusammenkunft - er verstößt in jeder Form gegen die gebotene Etiquette. Wie er auch im Folgenden, wenn er sich in die Brust wirft, um etwas für andere zu regeln, ein pures Chaos schafft und alles durcheinander bringt. Der Film allerdings ist keine reine Komödie. Denn Tora werden die Verfehlungen vorgehal

Abschied

Micha hat diesen Blog fast 15 Jahre mit großer Leidenschaft geführt. Seine Liebe zum asiatischen Kino hat ihn in dieser Zeit in Kontakt mit ganz unterschiedlichen Menschen gebracht. Viele von euch waren ihm, wenn auch nicht räumlich, so doch gedanklich und emotional sehr nah. Jetzt ist er am 30.12.2021 zuhause in Bonn gestorben. Ich habe mich entschlossen, Michas Schneeland-Blog auch in Zukunft nicht offline zu stellen. So können Interessierte weiterhin all die klugen, detailgenauen und begeisternden Gedanken zum asiatischen Kino nachlesen, die er über die Jahre festgehalten hat.  Neben seinem Blog hatte Micha 2021 noch ein neues Projekt aufgenommen: Gemeinsam mit der Videokünstlerin Sandra Ehlen und Thomas Laufersweiler von SchönerDenken hatte er begonnen, in einem Podcast das filmische Werk von Keisuke Kinoshita zu besprechen. 25 Beiträge sind so bis zu Michas Tod im Dezember noch entstanden. Alle zwei Wochen erscheint nun eine Folge dieser Kinoshita-Reihe. V ielleicht eine schöne

Kandagawa Wars / Kandagawa Inran Senso (Kiyoshi Kurosawa, Japan 1983)

Zwei aufgedrehte Mädels beobachten mit ihren Ferngläsern des Nachts nicht nur die Sterne am Firmament, nein, sondern auch den Wohnblock auf der anderen Seite des Flusses gegenüber. Dort nämlich spielt sich Ungeheuerliches ab: ein junger Mann, der sich für Godard, John Ford, Deleuze und seine Querflöte interessiert, wird von seiner Mutter in regelmäßigen Abständen zum Geschlechtsverkehr gezwungen. Diese inzestuöse Schweinerei können die beiden nicht mehr länger tolerieren und so planen sie, den Unterdrückten aus seiner Sexhölle zu befreien - um ihn selbst zu besteigen, quasi als Heilmittel. Dabei haben sie nicht bedacht, dass der junge Herr vielleicht sogar ganz glücklich war mit seinem Muttersöhnchenstatus. Einmal fremdgegangen, will er sich direkt von der Brücke stürzen. Zudem wäre auch im eigenen Bette zu kehren: denn eine der beiden aufgeweckten Freiheitskämpferinnen wird selbst recht ordenlich unterdrückt. Ein ekliger Brillentyp, sowas wie ihr Freund, besteigt sie in unersättli