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Es werden Posts vom Dezember, 2010 angezeigt.

At the very Bottom of Everything / Di dasar segalanya (Paul Agusta, Indonesien 2010)

...ist ein experimenteller Film über eine Frau mit bipolarer Störung, einer Frau, die also manisch depressiv ist. Das Krankheitsbild dieser psychischen Störung ist meines Wissens eines der enormen (Stimmungs- und Antriebs-) Schwankungen; so ist der Kranke entweder enorm aktiviert (manisch) oder extrem antriebslos und gedrückter Stimmung (depressiv). In einem karg eingerichteten und von drei farbigen Neonröhren erhellten Raum sitzt eine Frau in einem Sessel, rauchend, über sich und ihre Krankheit sprechend. Schon hier beginnen sich die Wahrnehmungsräume zu vervielfältigen, denn durch Überblendungen visuell dargestellt lösen sich verschiedene personae ihres Ichs und laufen durch den Raum, vorwärts, rückwärts, überlagern sich usw. Neben diesem "konkreten" Realraum springt der Film in 10 Kapiteln in imaginierte, wahnhafte Räume, in der die Ausgestaltungen der Krankheit visualisiert werden. Diese sind naturgemäß völlig unterschiedlich dargestellt: ein Mann abstrakt schwarz/weiß vo

Masahista / The Masseur (Brillante Mendoza, Philippinen 2005)

Brillante Mendozas erste Spielfilmregie verortet ihn sogleich im Independentkosmos des modernen philippinischen, cineastischen Undergrounds. Geringe Budgets und die Digitalkamera eröffnen jungen Filmemachern die Möglichkeit, nicht nur jenseits einer etablierten Filmindustrie, sondern so gut wie jenseits jeder filmischen Szene aktiv zu werden. Ein Status, der sich auch in der Verfügbarkeit der Filme zeigt. So sind die Filme von Brillante Mendoza, Lav Diaz, Raya Martin, KHAVN de la Cruz u. a. nur in Ausnahmefällen auf DVD greifbar (wenn, dann sowieso nur weltweit), oder sie sind mit etwas Glück auf engagierten Retrospektiven und Filmfestivals zu sehen. Im Falle KHAVNs übrigens durchaus auch auf youtube, selbst eingestellt vom Regisseur. Die Filme eint neben den o. g. Kriterien ein Hang zum ästhetischen Radikalismus in Kombination mit einem Blick auf gesellschaftliche Mißstände, welcher gerne mal als "neorealistischer" italienischer Prägung oder als einer im Geiste des "Cin

4:30 (Royston Tan, Singapur 2005)

Der elfjährige Xiao Wu kämpft sich durch den Alltag, was bei ihm soviel bedeutet wie: Schule, absente Mutter (in Beijing), herzloser Vater, Nudelsuppe, Wunsch nach Anerkennung. Royston Tan, der "bad boy" aus Singapur, aufgefallen in der Videokunst-/Kurzfilmszene und immer wieder vertreten auf Filmfestivals zu Uhrzeiten, wenn keiner ins Kino geht, macht hier einen Film nicht als Erzählung von Geschichte, sondern als Erzählung aus Bildern. Markant also schonmal die beinah komplette Abwesenheit von Sprache. Tan gibt uns keine Hilfestellungen wie Namen, eine Einführung in das Geschehen, irgendwie Zugang. Man ist unmittelbar mittendrin (wie in einem Kurzfilm), ultimativ, ganz, ohne Vorwissen. Und dann kommt erstmal der Krimiplot, die heimliche Durchstöberung der Habseligkeiten des - was man noch nicht weiß - stets betrunkenen Vaters. 4:30 ist dabei zugleich total stilisierter Kunstfilm mit seiner statischen Kamera, der Sprachlosigkeit, der Wahl der Bildausschnitte, der blauen und

Fire of Conscience / Fire Dragon / For lung (Dante Lam, Hongkong 2010)

Die beiden Cops Kee (Richie Ren) und Manfred (Leon Lai) beginnen zusammen zu arbeiten, als sich herausstellt, dass ihre Fälle einen gemeinsamen Hintergrund haben. Der Saubermann Kee überrascht dabei plötzlich mit radikalen Methoden, die ihm niemanden zugetraut hätte. Manfred ist sowieso ein harter Hund, seit die böse Unterwelt seine Frau samt ungeborenem Kind auf dem Gewissen hat. Dass Kee einen hinterlistigen Plan ausführt, stellt sich erst heraus, als schon so einiger Blutzoll entrichtet wurde. Dante THE BEAST STALKER Lams neuer Film ist ein verworrenes Etwas: das Skript geht in den ersten beiden Dritteln völlig drunter und drüber, es weiß Aktionen nicht zu gewichten, die gleichzeitigen Ermittlungen in den drei (!) Kriminalfällen bleiben über weite Strecken nicht nachvollziehbar. Stark wird der Film immer in seinen Actionszenen; und da kann man wohl sagen, dass es Lam wie kaum ein anderer schafft, diese von der ästhetischen als auch von der kreativen Seite her unvergleichlich zu insz

Accident / Yi ngoi (Soi Cheang, HK 2009)

Pou-Soi Cheangs erster Film unter Johnnie Tos Produktionshoheit (Milkyway) ist ein hervorragend schneller, straffer und kluger Genreknaller geworden. Ho Kwok-Fai (Louis Koo) hat ein Killerteam um sich geschart (Stanley Fung, Lam Suet, Michelle Ye), das sich auf die Inszenierung von Auftragsmorden spezialisiert hat. Diese laufen stets nach einem Dominosystem ab und erscheinen - da sie so komplex konstruiert wurden - wie tatsächlich Unfälle. Doch plötzlich wird einer des Teams während einer Aktion durch eine Verkettung tragischer Zufälle getötet. Ho entkommt nur knapp. An diesen Zufall will er nicht glauben und wähnt sich selbst das Ziel eines Killerteams. ACCIDENT beginnt enorm stark - und es ist eine Lust, den kreativen Inszenierungen zuschauen zu können. Cheangs in DOG BITE DOG zelebrierter harter Realismus und die ungestüme Wildheit SHAMOs geht ACCIDENT ab, da wurde er wohl von To gebremst. Doch nicht zum Schlechten: der Film ist sehr flüssig und elegant inszeniert, spart aber nicht