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Posts mit dem Label "Falten und Fallen" werden angezeigt.

Mei Ling (Stéphanie Lansaque und Francois Leroy, Frankreich 2009)

MEI LING ist ein graphisch schön gestalteter animierter Kurzfilm über eine junge Dame, wohnhaft in Hongkong, die es mit einem unzuverlässigen Liebhaber zu tun hat. Der kleine Tintenfisch, der sein Leben glücklicherweise nicht in der Suppe aushauchen mußte (und erst in einem Wasserglas überlebt: später dann in der Badewanne), entwickelt eine regelrechte Zuneigung zu seinem Frauchen. Ist klar, dass er sich dann auch für sie einsetzt, als der Bösewicht von Liebhaber die Angebetete mal wieder hängen läßt. Das geht aber selbstredend nur mit der entsprechenden Statur. Hier ein Filmbild aus der Sicht des Aquariumbewohners mit einem subjektiven point of view-Schuß: Produziert wurde der Film von arte und - bevor die Frage nach der Verfügbarkeit aufkommt - wird sicherlich bald irgendwann wiederholt. Hier die Infos zur Ausstrahlung vom 8. Oktober.

Den Muso / The Young Girl (Souleymane Cissé, Mali 1975)

Als die junge, stumme Ténin von einem stadtbekannten Lumberjack am Fluß vergewaltigt wird, kann es nur noch schlimmer kommen: sie ist schwanger, ihr Vater fühlt sich und die Familie entehrt und wirft sie hinaus. Alle Beschwichtigungsversuche des Umfelds schlagen fehl, und die enorm unter Druck stehende Ténin greift zu einem radikalen und brutalen Mittel um die Verhältnisse wieder herzustellen. Erschütternd ist dieser nüchtern gefilmte Alptraum dieser wunderschönen stummen Frau, die sich nicht artikulieren kann. Aber es würde ihr sowieso keiner zuhören, da die Urteile der Angehörigen bereits gefällt sind. Abrupte Entgleißungen der Gewalt und der patriarchalen Herrschaft lassen jede Hoffnung auf Erlösung verkümmern, ein Ausweg ist nicht sichtbar. Auch die musikalische Begleitung bietet - zumindest für den Rezipienten - keine Erlösung aus diesem Drama, denn sie ist kaum vorhanden. Nur in wenigen Momenten gönnt uns der Regisseur eine Untermalung des Gezeigten, sodaß der Film sehr direkt, u...

She, a Chinese (Xiaolu Guo , UK/Fr/D 2009)

Die junge Mei ist gelangweilt von ihrem Alltag in einem Dorf auf dem Lande. Denn dort gibt es nichts zu tun, als abends zum Billardspielen in die Kneipe zu gehen oder -wenn's mal spannend werden soll- mit dem Macho und Dorfproll auf der Vespa den Hügel hinauf am Industriegebiet die Umgebung angucken. Bißchen rauchen, knutschen, das Ziehen der Sehnsucht spüren, denn das alles hier ist kaum zum Aushalten. Mei geht ihre eigenen Wege. Spätestens nach der Vergewaltigung, die die Kamera auf Bodenhöhe mit einiger Distanz verfolgt, ist ganz klar, daß an diesem Flecken Erde kein Glück auf sie wartet: Eine Arbeit, die sie nicht will, eine Ehe mit einem Typen, der sich gerade anbietet. Sie nimmt reißaus in die große Stadt, findet Unterschlupf in einem „Massagesalon“ und schmust mit dem vernarbten Nachbarn herum, der, um ein paar Kröten zu verdienen, sich als Schläger verdingt hat. Hier gelingen dem Film sehr schöne Bilder zwischen Winkelexistenz und Großstadtneon bei Nacht. Meis blauen Perück...

Same Same But Different (Detlev Buck, D 2010)

Der junge deutsche Backpacker Ben lernt auf seiner Asienreise in einer Disko in Phnom Penh die hübsche Kambodschanerin Sreykeo kennen und verkuckt sich in sie. Dass sie als Prostituierte arbeitet - sie selbst bezeichnet sich als Unternehmerin - und, wie sich später herausstellt, HIV-positiv ist, stellt den jungen Mann vor ungeahnte emotionale Probleme als er bemerkt, dass er sich in sie verliebt hat. Bucks Film ist ein zweischneidiges Schwert. Zunächst zum Negativen: er steckt voller Klischees. Das fängt bei der Eröffnungsszene an mit dem Stromkabelgewirr am Telegrafenmasten, dem Elefanten, dem Trubel der Stadt, dem Chillen und Partymachen der Touristen, dem Lendenrock des Alten. Der Film ist außerdem völlig konventionell erzählt inklusive einer Rückblicksschleife am emotionalen Höhepunkt des Skype-Gesprächs und einer wenig begeisternden Kameraarbeit: an einer Stelle hat man sogar die Stirn, einen Christopher Doyle-Schuß imitieren zu wollen. Aua. Das Tolle am Film ist aber, dass er ein...

Mother Joan of the Angels / Matka Joanna od Aniolow (Jerzy Kawalerowicz, Polen 1961)

Eine Abtei im Nirgendwo, an einem ortlosen Ort. Über die Felder ein alter Vierkanthof. Dorthin reist der Jesuitenpater Jozef Suryn, um die vom Teufel besessenen Nonnen des Klosters zu exozieren. Diese verhalten sich auf gänzlich ungebührliche Weise: sie tanzen, lachen, essen Fleisch und scheinen auch erotischen körperlichen Gelüsten nachuzugeben. Suryn kommt an die Grenzen seiner Belastbarkeit und an die seiner Existenz. Um die Dämonen von Johanna abzuziehen verfällt er auf den Gedanken, selbst zum Hort des Bösen zu werden. Als er das Böse an sich zu binden sucht, muss er eine Übeltat begehen und erinnert sich des Beiles im Stall des Gasthofs... Kawalerowicz' Film ist ein Meisterwerk. Nicht nur ist es visuell atemberaubend und formal beeindruckend, sondern auch äußerst furchteinflößend. Und das mit ganz geringen Mitteln. Ohne großes Budget und gänzlich ohne Special Effects wird hier eine dermaßen klaustrophobische und bedrohliche Atmosphäre aufgebaut, die ihresgleichen sucht. Die R...

Rescue Dawn (Werner Herzog, USA 2006)

Little Dieter wants to fly... sooo badly, dass er sogar dazu bereit ist, ein paar Napalmbomben für seinen Traum abzuwerfen: irgendwo fern der Heimat, in einen Dschungel hinein, auf einen "anonymen" Versorgungsweg irgendwelcher Vietcong. Jedoch, die Mission geht schief, er wird beim ersten Einsatz abgeschossen und crasht fulminant in eine Reisfeldidylle hinein. Sattes Grün, Wälder, Schluchten: AGUIRRE-Flash. Die Vietnamesen - oder besser Laoten (wir sind in Laos) - sind darob nicht amüsiert, und als er sich weigert ein Papier zu unterzeichnen, dass dieses Land, das ihm diesen Traumflug ermöglicht hat, diskeditieren würde, kommt er irgendwo in einen Dschungel hinein, in ein kleines Camp voll halbirr gewordener Kriegsgefangener und durchdrehender Wärter mit Spitznamen wie "Little Hitler". Der Rest des Filmes ist Flucht. Man muss schon sagen, dass Christian Bale den Dieter Dengler in seiner emotional ehrlichen Naivität äußerst überzeugend gibt, doch wenn er noch ein ein...

DARK SPLENDOR - David Lynch in Brühl

Heute stand ein kleiner Ausflug ins Max-Ernst-Museum in Brühl bei Köln an: David Lynch zeigt seine neuen Bilder (die meisten von 2007 und 2008). Zur Einstimmung gab's im Theatersaal erstmal ein paar seiner repetitiven und delirierenden Kurzfilme aus der Filmakademiezeit, dann den schönen THE GRANDMOTHER. Die Aquarelle und Photographien haben mir dann später in der Ausstellung ziemlich gut gefallen - abgesehen von den digital verfremdeten Großformaten. Das aufgebaute begehbare Objekt, angefertigt nach einer kleinen Zeichnung und das etwa 1/3 des Raumes einnimmt, finde ich allerdings recht überflüssig und daneben in seiner Proportion - genauso wie die blöden großformatigen Materialschlacht-Bilder ("Schlecht malen kann ich sehr gut."). Hua, gruselig. Angenehm die Musik an den Soundstationen, die auf Knopfdruck atmosphärische Horrorfilmmusiksounds und Nervenverzerrer produzierten. Der Katalog scheint mir aber dann wieder recht schön zu sein mit seinen ganzen Texten und Filmst...

Stanley Kubricks KILLER'S KISS vs BRANDED TO KILL von Seijun Suzuki

Beide Filme in körnigem Schwarzweiß. Da kann man eigentlich schon beginnen mit der Interpretation. Beide Filme: Noir-Adaptionen. Bei Kubrick mit Engagement: auch Melodram, Großstatdtfilm, Boxerfilm. Hitchcock. Genremixer. Die Helden geraten in die Malaise, aus der kommen sie kaum wieder raus; Schuld daran hat auch wieder einmal: die Frau. Bei Kubrick in blond, als Gegensatz zur allesumfassenden Düsternis, zum Grau des Mietzimmers hoch über den Straßenschluchten. Wer so lebt hat nur zeitweise einen Vertrag mit seinem Leben. Morgen können die Koffer schon gepackt sein, der Zug bestiegen und: wo geht's hin? In eine andere Großstadt, klar, auf's Land wäre keine Option. Bei Suzuki ganz anders: volle Konzentration auf das Noir-Drama. Wobei wenn man bei Suzuki sagt: Drama, dann meint man immer auch: Komödie. Aber mit dem ureigenen Suzukihumor. Ist ja nicht so, daß das direkt lustig wäre, was man da sieht. (Ausnahmen gibt es aber auch: in DETECTIVE BUREAU 2-3: GO TO HELL BASTARDS (1...

Außerasiatische Verirrungen Pt. 5 : TRAS EL CRISTAL / IM GLASKÄFIG (Agustí Villaronga, Spanien 1987)

Der in Spanien untergetauchte KZ-Arzt und Kindermörder Klaus kann auch im Exil seiner verhängnisvollen sadistischen und päderastenhaften Passion nicht abschwören und stürzt sich schließlich verzweifelt vom Dach seines Hauses. Fortan querschnittsgelähmt wird er von der Familie gepflegt und von einer Eisernen Lunge am Leben gehalten. Als der junge Angelo auftritt sein Pfleger zu werden, ändern sich schlagartig die Machtverhältnisse im Haus und ein dunkles Geheimnis aus der Vergangenheit kehrt zurück. IM GLASKÄFIG ist ein wunderbar photographierter Film, dessen Bilder in ein tiefes Nachtblau getaucht sind. Die unheimliche Atmosphäre kontrastiert fantastisch mit dem leicht verwohnten aber doch prächtigen spanischen Herrenhaus, in dem die beiden Frauen, die Gattin Klaus' und die Tochter Rena die einzigen Lichtblicke scheinen. Die tiefen Furchen im Gesicht der Ehefrau und ihr permanentes Rauchen, bei dem sie hinter den Schwaden des Zigarettenrauchs undeutlich wird, deuten schon auf ihr S...

Falten und Fallen: Außerasiatische Verirrungen Pt. 4

Electra Glide in Blue/Harley Davidson 344 (James W. Guerico USA, 1973) Ein sehr ungewöhnlicher Bikerfilm, sowohl inhaltlich als auch bildgestalterisch. Die Motorradfahrer sind in diesem Film die Cops, die während ihrer langen, öden Schichten im Monument Valley außer die Aussicht zu genießen, nichts zu tun haben. Klar, da wird dann eigentlich jeder der durchkommt kontrolliert oder gehasselt (vgl. UNTER KONTROLLE von Jennifer Lynch). Insbesondere, wenn der noch nach Sub- oder Alternativkultur aussieht. Wer jetzt nicht an EASY RIDER denkt, hat was falsch gemacht. Und so wirkt der Film auch über weite Strecken wie ein gegenteiliges Komplementärstück zum Hopper-Film. In einer markanten Szene wird das auch verdeutlicht; als der Held (Robert Blake), ein untersetzter Bulle und bekannter Peniskünstler, der mehr vom Leben will (nämlich zur Mordkomission) als "nur" auf dem Motorrad zu sitzen, im Schießstand seine Waffe erprobt. Und richtig, er feuert auf ein Plakat aus EASY RIDER, die ...

Falten und Fallen: Außerasiatische Verirrungen Pt. 3

Inside / À L'intérieur (Alexandre Bustillo / Julien Maury, Frankreich 2007) Nach einem Autounfall, bei dem der Vater ihres noch ungeborenen Kindes ums Leben kommt, wird die hochschwangere Sarah (Alysson Paradis) in der Nacht vor der Geburt, die zudem die Vorweihnachtsnacht ist, von einem schwarz gekleideten Christkind heimgesucht. Einer bösen Hexe gleich erscheint eine unheimliche Frau (Béatrice Dalle) am Wohnzimmerfenster und bedroht die eben entschlummerte Schwangere. Die herbeigerufene Polizei funktioniert zwar kurzzeitig als retardierendes Moment, als Aufschub, doch im Folgenden geht es Sarah an den Kragen, also: an den Bauch, um genau zu sein. "La femme" will das Kind. Die in der ersten Hälfte aufgebaute Spannung ist dermaßen unerträglich groß, man beginnt sich selbst zusammenzukrümmen, das eigene "innen", das Kind, zu schützen. Als dann die Grenzverletzungen geschehen und in das Innere vorgedrungen wird, viermal genau (das Haus, das Badezimmer, der Körper...

Falten und Fallen: Außerasiatische Verirrung Pt. 2

Twentynine Palms Bruno Dumont, D/Fr/USA 2003 Man könnte es sich leicht machen und so Sachen sagen wie: „Der eigentliche Protagonist dieses Films ist die Landschaft!“, eine Augenbraue gewichtig hochziehen und mal die Worte so richtig einsinken lassen und darauf warten, ob einem anderen in der Runde noch was G escheites dazu einfällt. Das erinnert mich an einen Freund, einen Philosophiestudenten, der davon überzeugt war, dass Miteinander-Reden prinzipiell ein Disput sei, den man mittels rhetorischen Könnens für sich entscheiden könne. Als gäbe es etwas zu gewinnen, ein battle der Argumente sozusagen. Und wenn man keine mehr habe, dann sagt man halt was mithilfe eben jener Tricks, die ich nicht kenne. Ich habe dummerweise nie Philosophie studiert und viele der Gespräche ‚verloren’ – komisch, unsere Freundschaft hat dann auch nach dem Studium nicht lange gehalten. Das Miteinander-Sprechen ist vielleicht das Eigentliche um was es hier geht, bzw. das Nicht-Miteinander-Sprechen-Können. Das m...

Falten und Fallen - außerasiatische Verirrungen

Martyrs Pascal Laugier, Frankreich 2008 Ein Film, über den man im Vorfeld schon so viel gehört und gelesen hat, daß er hinter dem Hype zu verschwinden droht. Das Dank der blitzschnellen Berichterstattung, des Sensationsjournalismus, und auch, ja: Dank Foren und Blogs. Superlative allent halben werden bemüht: der heftigste Film ever, Ohnmacht im Kinosaal, Zensur oder 16 Freigabe, kalkulierter Torture-Porn-Bastard oder französisches Arthauskino - dies in kurz die Schlagworte. Der Film, der verschwindet im Nebel . Dieser auch ein Film, den man sich stattdessen ansehen könnte, wenn man den Hype um Martyrs boykottiert. Nun denn, aber man könnte ja auch was über den Film selbst schreiben, nicht! Wie verhält man sich emotional gegenüber Bildern, die ein geprügeltes Mädchen in Unterwäsche zeigen, die offensichtlich aus einer verlassenen Industrielagerhalle flieht, stolpernd, schreiend und wimmernd, mit letzter Kraft? Wie, wenn die Kamera so dicht auf allem drauf ist, daß nicht einmal der eig...