Die Kamera senkt sich langsam herab, der establishing shot über einer Villa mit Pool. Luxus, wohin man schaut. Ein Beau in weißem Anzug steigt ins Wasser, und eine Nixe lächelt ihm verführerisch zu. Ein Versprechen auf Sex ist es, wenn sie dann vor ihm hinabtaucht, und sein Grinsen wird breiter. Doch anstatt die Hose zu öffnen, zückt sie einen Revolver und feuert unter Wasser mit eiskalter Entschlossenheit. Schnitt nach dem Overacting. Dankeschön, cut, die Szene ist im Kasten. Was der Zuschauer gesehen hat, war die subjektive Perspektive einer Filmkamera an einem Filmset im Film. Aber eigentlich geht es nicht um Meta-Spielchen, sondern um die Dame selbst: Debbie Goh als Angel / Yu Ping An, die hier die Hauptrolle in einem Erotikkrimi spielt. Ihr Mann ist der Produzent dieses Films, ein rücksichtsloser Godfather von der Petaling Street in Kuala Lumpur (das Chinatown dieser Metropole). Laute Worte, große Gesten, ein Aufschneider im Seidenflanell.
Worum es dann wiederum eigentlich geht: auf ihn wird ein Anschlag verübt, und schwer verwundet und mit blutendem Kratzer am Arm flüchtet er mit allem Geld seiner Triadenbande auf eine Insel (im Handgepäck ebenso: die aktuelle Affäre). Angel stinkt das gewaltig, zumal nun die Finanzierung des Films gefährdet ist. Doch ihr Mann hinterlässt auch ein Machtvakuum. Und es kommt, wie es in solch einer Komödie kommen muss: die Frau muss ran. Erst wird Gangster gespielt, dann muss sie echter Gangster sein. Von der Inszenierung des Lebens zur gelebten Inszenierung, da sie sich erst in die Rolle finden muss. Und sie macht ihre Sache gut im Machtkampf auf eben jener Petaling Street, wo sich die vier größten Triaden bekämpfen, wo einer Bruder Lionhead heißt und ein anderer Bruder Leopard, ein weiterer Kontrahent Bruder Einauge oder so. Und die sympathische Angel sieht nicht nur blendend aus, schnell findet sie die Schwächen ihrer meist recht debilen Gegner heraus und kann mit Intellekt, den albernen Sidekicks und ihren langen Beinen punkten.
Bullets over Petaling Street ist dabei nicht gerade eine cineastische Meisterleistung. Das geringe Budget wird nicht immer unbedingt durch Leidenschaft und Könnerschaft aufgewogen, da fehlt es dem Film an allen Ecken und Enden. Auch die Stilmittel der hysterischen Groteske und der hemmungslosen Blödelei werden sowohl überstrapaziert als auch allzu genrekonform eingesetzt. Wahnwitz macht sich leider niemals breit, und so ist dieser Film vielleicht gut gemeint, aber letztlich doch sehr doof, eigentlich. Es fehlt ihm der Mut. Man stelle sich eine strunzdumme Wong Jing-Komödie aus Hongkong vor, nur ohne Geld. Dann bekommt man Bullets over Petaling Street. Ein wenig schade ist das schon, vor allem weil Debbie Goh tatsächlich ihre Sache - als beinah einzige des Ensembles - gar nicht so schlecht macht. Sie ist übrigens eigentlich von berufswegen Model und war 1999 Miss Malaysia. Sampson Yuen, einer der beiden Regisseure, ist von Haus aus TV-Produzent, und dieser Ho Shih Phin ist bisher auch nicht weiter irgendwie aufgefallen. Der Film ist ihre erste Regieleistung. Nun ja, da ist noch Luft nach oben.
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