Bei Letterboxd lässt sich Folgendes zum Inhalt des Films lesen: Two strangers meet in Manhattan on New Year's Eve, and both of their
lives are forever transformed in this romantic Bollywood drama. Even as
they try to preserve their current relationships, neither can resist
falling head over heels for the other.
Das ist alles ziemlicher Quatsch. Die beiden Fremden treffen sich nicht in Manhattan, sondern er ist so betrunken, dass er "die Stadt verwechselnd" (und von den Freunden im Whisky-Rausch in ein Flugzeug gesetzt) - und zu seiner eigenen Adresse in der fremden Stadt fahrend - bei ihr landet. Und es passt obskurerweise sogar der Wohnungsschlüssel. Zufälle gibt's! So also landet er dann schließlich bei ihr. Das sorgt freilich für einige Verwirrung, nicht nur bei der jungen Dame (Kangana Ranaut), die sich schon auf den Abend mit ihrem angebeteten Börsenmakler freut, sondern auch beim Zuschauer. Ein schöner Fall für eine etwas herausforderndere suspension on disbelief. Es ist halt so, auch wenn es gar keinen Sinn macht - und wir müssen es akzeptieren. Dass sich ihr Leben hier für immer transformen wird, ist, gelinde gesagt, eine Übertreibung. Zunächst einmal wird sich wie verrückt gegen jede Veränderung gestemmt, als wäre das etwas Schlechtes. Da ist es auch egal, wenn die begehrte Dame in einer an Missbrauch grenzenden Beziehung lebt, mit einem ultradominanten Mann, der keine Liebe für sie übrig hat. Und dem frisch in ihr Leben hereingeflogenen Vogel gewährt sie verständlicherweise nur sehr widerwillig Asyl. So ist es dann natürlich: er schnarcht betrunken in ihrem Bett, sie kommt vom High-Heels-Shoppen nach Hause und entdeckt ihn in ihrem privatesten Bereich. Konfusion. Keiner glaubt niemandem, schon gar nicht ihr eifersüchtiger Freund, der von dem Fremden in Unterhosen nur wenig hält und der dann wutentbrannt den Verlobungsschein direkt ins Altpapier entsorgt. Romantisch ist an diesem Bollywood-Film eigentlich gar nichts, auch wenn die Musik alles zuzuckert, bis einem der Magen schmerzt. Und Hals über Kopf verliebt sie sich zumindest überhaupt nicht - denn sie muss erst langsam aufdecken, was für ein toller lieber Mann da in ihrem Apartment gelandet ist, der sich morgens noch mit einer Brechorgie über ihrer Toilette vorgestellt hatte. I Love New Year ist eine schablonenhafte Komödie auf Autopilot, deren gelungene Überraschungen man an einer Hand abzählen kann. Denn es kommt alles so, wie es schon immer war und man es eigentlich niemals hatte sehen wollen.
Sunny Deol mag ein smpathischer Mensch sein, in diesem Film wirkt er Fehl am Platze. Er ist offensichtlich bereits in seinen besseren Jahren (auch das Joggen im Park geht nicht mehr so gut), und muss hier ernsthaft den neuen Liebhaber der superknackigen, völlig faltenfreien Kangana Ranaut mimen. Das ist wenig glaubhaft, denn er ist dreißig Jahre älter als sie. Die junge Dame ihrerseits allerdings konnte mich noch in keinem ihrer Filme überzeugen, und auch hier verrennt sie sich immerzu ins Overacting hinein, sobald mal etwas mehr Ausdruck gefordert ist. Sie habe sogar ein halbes Jahr Musikunterricht genommen für I Love New Year, denn es finden sich zwei großartige selbst gespielte Musiknummern in diesem Film. Sie sind ungefähr 3 Sekunden lang, einmal ein Geklimper auf der Gitarre, bei der die Finger gar nicht richtig auf dem Griffbrett aufliegen, und ein andermal klimpert sie im Stehen eine melancholische Melodei auf dem Klavier, bevor sie von hinten umarmt und getröstet wird. Das waren wirklich beachtliche musikalische Leistungen. Ansonsten muss sie nur gut aussehen und, nun ja, hübsch verloren sein, vielleicht mal quengeln. Man darf aber nicht zu bösartig sein, denn der Film, der größtenteils als Kammerspiel angelegt ist, gibt einfach überhaupt nichts her. Vielleicht liegt es auch an diesen Gründen, dass die Hauptdarstellerin versucht haben soll, die Veröffentlichung des Films per Gerichtsbeschluß zu verhindern. Der ist nämlich schon seit gut drei Jahren fertig und wurde vom Studio absichtlich zurückgehalten, um nun, nach Ranauts Erfolgen, ordentlich Knete in die eigenen Kassen zu spülen. Eine unerfreuliche Praxis, in der Tat. Und deshalb breche ich das jetzt auch hier ab, denn man soll seine Kräfte schonen für die Herausforderungen, die sich lohnen.
Michael Schleeh
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