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The Neighbor's Wife and Mine / Madamu to nyobo (Heinosuke Gosho, Japan 1931)


Der eitle und auch recht faule Theaterbühnenautor Shibano (Stummfilmstar Atsushi Watanabe) zieht mit seiner Familie in ein ländliches Häuschen auf dem Hügel, wo er endlich in Ruhe ein neues Stück zu schreiben beabsichtigt, das er zu einem wichtigen Wettbewerb nach Tokyo senden möchte. Denn so langsam ist nichts mehr drin in der Haushaltskasse. Allerdings stellen sich ihm einige unerwartete Hindernisse in den Weg: nervige Kinder, eine ihn ständig zum Schreiben antreibende Frau (Kinuyo Tanaka), die ihm auch permanent seine Faulenzerei vorwirft, seine Tochter, die dem stets zum Schläfchen neigenden Künstler und Tagedieb die Ruhe raubt, oder auch einfach nur mal ein paar rollige Katzen. Als dann von gegenüber auch noch laute Musik herübertönt,  platzt ihm der Kragen. Doch dort wohnt Sakiko, eine hübsche, moderne Frau (das "modern girl"), selbstverständlich westliche Kleidung tragend und selbstbewußt rauchend. Außerdem sei sie, aufgepasst: Jazzsängerin!

The Neigbour's Wife and Mine ist eine unterhaltsame Komödie, die ein für heutige Verhältnisse nostalgisch unschuldiges Verhältnis zum einfachen Humor postuliert. Ein Film voller kleiner Lacher und Schmunzeleien über das Grimassenschneiden der Figuren, das Kitzeln und Pieksen der Kinder, das eitle Gegackere verblüffter und übertölpelter Gemüter, und über ach so gewichtige kunstphilosophische Diskurse wie dem Gegensatz von Bild versus Schrift, der die Konkurrenz von Malerei versus Literatur verhandelt. Aber eigentlicher Hauptdarsteller dieses Films ist die Tonspur, die diesen Film als "ersten" erfolgreichen japanischen Tonfilm nicht nur zu etwas filmhistorisch Besonderem macht, sondern die wie in einer Meta-Anspielung auf sich selbst das Thema des Films bestimmt. Denn es sind ja gerade die Gespräche, die Musik, das Geschrei der Kinder und das Geheule, oder die ewigen Ermahnungen der Frau, die als Tonspur, als auditive Reize die Ruhe und Stille unterbrechen. Und die damit natürlich auch immer auf die Stille des Stummfilms verweist, die zumindest dem Filmmaterial selbst inhärent charakteristisch eigenschaftlich war (etwas vergröbert dargestellt). So, wie die hörbaren Reize das Leben des Schriftstellers sabotieren, so dringt der Ton auf neuen Wegen in den Zuschauerraum des Kinos. Zunächst als Störfaktor (der auch bisherige Syteme kaputt macht - Yasujiro Ozus erster Tonfilm etwa ist dann erst von 1936), dann aber als Fortschritt, der das Medium Film zu einer neuen Einheit führt (wie übrigens, ganz hübsch, auch die Familie am Ende wieder zusammen findet und sogar ein Lied anstimmt beim Sonntagsspaziergang).
 
Die zwei Maler und Schriftsteller, oben erwähnt, geraten freilich in Streit, brüllen sich an, der eine malt dem anderen die Farbe ins Gesicht und dieser wirft dafür die Staffelei ins Kornfeld. Als Refenrenz (des Stummfilms) tritt der Schriftsteller hier als Chaplin-Figur auf: mit Bärtchen, Melone und Gehstock. Kurz bevor ein Bauernjunge dann mit einem kläffenden Hund beide zugleich in Angst und Schrecken versetzt. Hasenfüße allesamt, diese Männer und Künstler! Das erinnert an Mizoguchi, Naruse und später dann in anderen Genres Yoshitaro Nomura. Und freilich auch an die anderen, heute viel zu wenig gesehenen Filme Heinosuke Goshos, der nicht nur ein Großmeister des Alltagsdramas war, des Shomingeki, sondern auch der albernen Komödie wie der gehobenen Literaturverfilmung. The Neigbour's Wife and Mine ist ein Film, der den Tonfilm als ironische Reflexion auf sich selbst einführt, und das nicht selbstzweckhaft, sondern strukturell und durchaus noch verhaftet in der Bildsprache des Stummfilms, als sich aktiv gebender Handlungsträger. Ziemlich großartig. 

Michael Schleeh








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