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Eighteen Years, to the Sea / 十八歳、海へ (Toshiya Fujita, Japan 1979)


 Toshiya Fujita (Regisseur von z.B. den LADY SNOWBLOOD-Filmen oder STRAY CAT ROCK: WILD JUMBO) liefert hier einen typischen japanischen End-70er-Jahre Genrebeitrag ab, in dem sich "Junge Wilde" in ihrem ganzen übersatten Ennui dermaßen anöden, dass sie auch mal dieses Ding mit dem Doppel-Liebestod ausprobieren wollen. Existenziellere Nöte gibt es kaum, sie sind sogar in ihrer Abschlußklasse ganz vorne auf der Liste. Die Eltern haben alle Geld, aber man kann es sich leisten, es nicht annehmen zu wollen.

 Also geht man in Kamakura ins Meer, legt sich mit einer Bikergang an, nimmt Schlaftabletten (aber immer nur eine) und erhängt sich zum Spaß mit einem Seil, das schon ganz verrottet ist und auf jeden Fall reißt.

 Ansonsten gibt es viel unbeholfenen Sex, der schnell in Gewalt ausartet, einmal auch in eine (fürs Genre obligatorische) Vergewaltigung, an deren Ende das Opfer den Täter sogar noch bittet, sich zukünftig um die Schwester zu kümmern.

 Es ist alles wunderbar absurd, unterlegt mit schmissiger Diskomusik und einigen geilen alten Männern, denen nicht zu trauen ist. Mitunter quält einen der Film auch ein wenig, weil man sich nie so richtig Gedanken über einen Spannungsbogen gemacht hat. Der Film ist zwanzig Minuten zu lang, aber wen kümmerts, es geht ja hier um einfache Unterhaltung mit ein wenig Exploitation - garniert mit Zitaten von Hemingway und Osamu Dazais 'No Longer Human'- Klassiker (auf deutsch: 'Gezeichnet', erschienen beim cass-Verlag). Wer den Roman kennt, holt aus dem Film nochmal etwas mehr Substanz heraus. Doch dafür ist hier zu wenig Platz.


Michael Schleeh

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