In der etwa 15minütigen Exposition geschieht alles Dramatische, das die Handlung in Gang bringt: während die Familie einer Teezeremonie beiwohnt, entfaltet sich in der Ferne deutlich sichtbar durch die aufgeschobenen Türen der Pilz der Atombombe über Hiroshima. Yasuko wohnt bei ihren Pflegeeltern, ihrem Onkel und ihrer Tante. Das herannahende Feuer zwingt sie, das Haus zu verlassen und sich durch die Stadt durchzuschlagen. Dabei sehen sie (und auch wir) das „wahre“ Ausmaß des Schreckens: alles ist zerstört, überall liegen verkrümmte verkohlte Leichen herum, ein Mann stürzt sich aus dem Fenster und erschlägt beinah die Familie. Auf dem Boot werden sie vom schwarzen Regen erwischt, der in großen, tintenähnlichen Tropfen herabkommt.
Dann: fünf Jahre später. Man lebt auf dem Land, und versucht den Schrecken zu vergessen, einen Alltag zu leben, den es nicht mehr geben kann. Denn die Eltern haben „die Strahlenkrankheit“, und wann sie letztendlich ausbricht, ist nur eine Frage der Zeit. Die Sorge des Onkels ist die Verheiratung Yasukos, die keinen Mann bekommt. Nicht weil sie häßlich wäre, sondern weil alle denken, auch sie habe die Krankheit. Yasuko jedoch ist die pure Lebensfreude, kümmert sich um alle, und ist mit ihrer Situation zufrieden, denn sie liebt ihre Pflegeeltern –nun ist sie es, die pflegt. Außerdem ist der „verrückte“ Nachbarssohn Yuiji an ihr interessiert, der –traumatisiert durch den Krieg – sich mit Schreikrämpfen unter jedes Auto wirft, um eine Bombe darunter zu platzieren, ganz so wie er es im Krieg immer tun mußte.
Shohei Imamura gelingt ein zutiefst anrührendes, menschliches Drama der Nächstenliebe - ohne jede Drastik und Sensationsheischerei. Vor dem schrecklichen Hintergrund entfaltet sich ein Alltag, der eigentlich ein ständiger Überlebenskampf ist, welcher aber durch das Annehmen des Leids wieder ein menschenwürdigeres Dasein ermöglicht. Gedreht in schwarz/weiß mutet der Film an wie eine Hommage Imamuras an seinen großen Lehrmeister Yasujiro Ozu; denn er war assistant director bei Early Summer, Flavor of Green Tea over Rice und Tokyo Story. Die Innenräume sehen demnach aus wie aus einem Ozu-Film. Und Yasuko spielt die Setsuko Hara. Ich denke schon, daß das eine Verbeugung ist.
So macht Imamura also aus diesem Film eine Art Kammerspiel, pures Darstellerkino. Weg von der großen Dramatik hin zur Kleinfamilie. Der Schrecken wie er sich im Kleinen zeigt. Man könnte jetzt auf tausend Aspekte kommen, etwa das tolle Drehbuch, wie die Themen miteinander verknüpft und immer wieder aufgenommen werden, wie die Innenräume mit den Außen-/Naturaufnahmen wechseln, wie japanische Shintomystik und buddhistische Naturreligion aufgenommen werden, oder wie der fantastische Score des Avantgardekomponisten Toru Takemitsu eingesetzt wird. Oder sich einfach begeistert den Film ein weiteres Mal ansehen.