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The Stool Pigeon / Sin yan (Dante Lam, Hongkong 2010)


Polizeiinspektor Don Lee (Nick Cheung) arbeitet stark mit verdeckten Informanten zusammen, den sogenannten Stoolies. Eine gewisse Rücksichtslosigkeit wird vor allem dann ausgepackt, wenn es um die abschließende Klärung des Falles geht. Dann gibt es Bauernopfer. Bei einem besonders tragischen Fall allerdings kommt er selbst nicht darüber hinweg - und als erneut eine berüchtigte Einbrecherbande in Hongkong auftaucht, die sich auf Juweliere spezialisiert hat, schleust er den jungen Delinquenten Ghost Jr. (Nicholas Tse) in die Gang ein. Als schließlich auch hier die Vorgesetzten den Informanten zu opfern bereit sind, revoltiert er.

Dante Lam ist mittlerweile das Aushängeschild für rasante, harte und intelligente Actionfilme aus Hongkong. Seit seinem furiosen THE BEAST STALKER hat sich zwar eine leichte Sättigung der Thematik eingestellt (und mit dem überfrachteten FIRE OF CONSCIENCE konnte man seine Probleme haben (ich weniger)), dafür ist THE STOOL PIGEON nun wieder ein Schritt in die richtige Richtung gen hohes Niveau.

Inszeniert ist THE STOOL PIGEON erstklassig, unterlegt von häufig abstrakter und disharmonischer Musik, die zur Verunsicherung des Zuschauers beiträgt. Der wie immer komplexe Plot wird bei Zweitsichtung deutlich konsistenter, und so lassen sich auch die Nebenerzählstränge problemlos integrieren. Möglicherweise ließe sich sogar sagen, dass gerade in den Sideplots die Besonderheiten lauern, die Details, die zu funkeln beginnen. Etwa Ghosts aufkeimende Sympathie zur Heroine, die aufgrund der tragischen Verkettung der Ereignisse nie die Zeit dazu finden, diese Sympathie auch zu äußern. So ist hier die Absenz des Liebesplots gerade das Tragische, die Gewissheit, das sich das in diesem Film nicht realisieren wird.

Überhaupt ist den Akteuren - vielleicht abgesehenen vom simplen Spiel Philip Keungs, der den Bösewicht Tai Ping gibt - das Glücken des Films zuzuschreiben. Ihr Schauspiel trägt den Film und läßt über den doch immer wieder vorhersehbaren Plot hinwegsehen. Die Überraschungsdichte und kinetische Energie von BEAST STALKER wird hier nicht erreicht.

Zum Schlusskampf nur soviel: er ist ein Kampf der Macheten in einem verlassenen Schulgebäude, er ist von herber Schönheit, großer Wut und beeindruckend grausamer Konsequenz. Für die Polizisten bleibt im Nachhinein nur das Aufräumen und das Aufwischen des Blutes. Wir dürfen wieder gespannt sein auf den nächsten Film von Dante Lam.

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