Eine dystopische Zukunft in den letzten Tagen des Jahres 1999: ein heimtückischer Virus, das "Taiwan Fever", das bei Ansteckung die Menschen zunächst krank, dann verrückt zu machen scheint und sie wie riesige Schaben auf allen Vieren herumkriechen lässt, hat große Teile der Bevölkerung ausgerottet. Die Stadt Taipeh ist verwaist und evakuiert - die Überlebenden befinden sich unter Zwang in Quarantänezonen (sicherlich ein Verweis auf die autoritären Machtstrukturen des Staates). Ein paar wenige Städter allerdings sind nicht bereit, ihre Behausungen zu verlassen und riskieren damit ihr Leben. Die allerletzte Möglichkeit zum Rückzug besteht zum Jahreswechsel 2000, denn ab diesem Zeitpunkt werden Wasser und Strom endgültig abgestellt. Ein junger Mann (Lee Kang-sheng) und seine unter ihm wohnende Nachbarin (Yang Kuei-Mei) wollen die Situation aussitzen, bis die Stadt wieder bewohnbar wird. Das Loch im Fussboden, durch das der Mann die Frau beobachtet, scheint der einzige menschliche Kontakt der beiden Personen zu sein - wobei sich die Frau zunächst belästigt fühlt. Diese muss nämlich, ganz ähnlich wie der Vater in THE RIVER, gegen ungeheure Massen an Wasser ankämpfen, die bei ihr die Wände herunterlaufen. Überhaupt geht Taipeh wieder einmal in den Wassermassen unter, und so reduzieren sich die Überlebensinseln letztlich sogar auf Möbelstücke. Wie hier ein Neuanfang möglich sein sollte, bleibt zunächst völlig unklar.
Dieser Film Tsais ist ein Beitrag zur Arte-Film-Reihe "The Year 2000: Seen by...". Es ist ein düsterer Ausblick, den Tsai hier vorstellt. Ein Leben inmitten des Chaos, des permanenten Regens, der auch auf der Tonspur ständig mit großer Intensität im Vordergrund rauscht, ein Film mit langen Einstellungen nackter Wände und Gebäude, verlassenen Höfen und Gängen, leeren Tiefgaragen und vereinsamten Einkaufspassagen. Gebrochen wird dieses Untergangsszenario von musikalischen Tanzsequenzen, in denen Yang Kuei-mei stark geschminkt und burlesk gekleidet Songs der Grace Chang vorträgt (ein ehemaliger Musical-Star aus Shanghai), die regelmäßig alle 15 Minuten den Film unterbrechen. Besonders der Song Oh, Calypso! bleibt im Gedächtnis, der mit seinem campy touch in großem Kontrast zur ums Überleben kämpfenden Frau steht, die aber die Begehrenssehnsucht in Lee Kang-shengs Figur zu wecken versteht. Hier manifestiert sich durchaus eine subtile weibliche erotische Kraft, die selbstbewußt ihre Existenz einfordert. In diesen Szenen, die kommentierend das Filmgeschehen illustrieren, scheint sich eine alternative Utopie zu etablieren, die der Dystopie entgegensteht. Aus diesem Grunde auch wirkt THE HOLE nicht nur wie ein pessimistischer Entwurf. Gerade in der Brechung, im Bruch, scheint sich eine Möglichkeit zum Neuanfang zu bieten, in der die zwischenmenschliche Vereinsamung überwunden werden kann. Ein Bruch, der hier tatsächlich auch den Durchbruch durch die Betondecke meinen kann. Denn da reicht man dem anderen das Glas Wasser, oder auch die Hand um ihn aus seiner unmöglichen Situation zu retten, hinein ins Licht.