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Shangri-La / Japan goes Bankrupt! aka Village of the Financially Damned (Takashi Miike, Japan 2002)


Mittlerweile dürfte selbst den größten Miike-Verächtern aufgegangen sein, dass dieser herausragende Regisseur ein dermaßen komplexes und breitgefächertes Oeuvre vorzuweisen hat, dass eine strikte Ablehnungshaltung eher auf die eigene Beschränkheit verweist, als auf eine originelle Positionierung innerhalb des Diskurses. Wie unterschiedlich sein Werk tatsächlich ist, macht auch wieder diese kleine, völlig übersehene Perle von 2002 klar, eine liebenswerte Offbeat-Komödie, die die Magie hat, Lächeln auf Gesichter zu zaubern.

Nachdem ein kleiner Drucker seine Firma schließen muss, da sein Hauptkunde, ein Konzern mit fiesem Vorsitzenden, Bankrott gegangen ist und die Rechnungen nicht bezahlt, entschließt sich eben jener kleine Geschäftsmann dazu - auch aus Schande vor seiner Familie und seinen Angestellten -, seinem Leben ein Ende zu setzen. Auf einem Deich über dem Fluß leitet er die Autoabgase ins Innere des Wagens. Doch da rennen einige Menschen auf ihn zu, die seine Hilfe benötigen: ein Mann muss ins Krankenhaus. Alle springen ins Automobil, fahren los, und stürzen nach wenigen Metern wieder heraus - dicke Qualmwolken quellen hervor, man hatte den Schlauch vergessen. So gelangt der Mann nach Shangri-La, ein Dorf von Obdachlosen am Fluss, die in Bretterbuden hausen und von einem "Bürgermeister" angeführt werden (Sho Aikawa). Diese machen es sich zur Aufgabe, dem Drucker zu helfen, damit dieser an sein wohlverdientes Geld gelangt.

SHANGRI-LA ist eine durchaus gesellschaftskritische "Wirtschafts"komödie, in der so ziemlich jede Figur bankrott ist. Eigentlich findet sich im ganzen Film keine einzige Figur, die finanziell abgesichert wäre (außer dem habgierigen Konzernchef), oder nicht zumindest am Existenzminimum lebte. Japan, ein Land in der Wirtschaftskrise, in der sich, unter all den Verzweifelten, ein paar Menschen zusammenschließen, sich gegenseitig unterstützen und Zivilcourage zeigen. Die übliche großmäulige Gangsterbande kommt natürlich auch vorbei, und diese wird selbstverständlich platt gemacht. Ein Film der Mitmenschlichkeit mit nettem Walzer-Score, der selbst in der schlimmsten Situation noch ein wenig Sonnenschein in die Filmbilder zu zaubern weiß. Ein hervorragender Film!

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