Das Spiel mit verschiedenen Realitätsebenen, die oft reflexiv auch noch auf sich selbst verweisen, ist seit Jahren kein ungewöhnliches Filmtopos mehr. So ist es auch in Sion Sonos Film lange Zeit unklar, welcher der Erzählstränge, die gleichberechtigt neben einander stehen, nun die "Realität", und welcher der "Traum", oder die "Fiktion" (innerhalb der fiktiven Erzählung) ist. Sonos Film macht es schon deswegen schwer, da in diesem DV-Film die Übergänge meist in beide Richtungen durch das Einschlafen des Protagonisten erreicht wird. Das macht INTO A DREAM unterhaltend, auch wenn er leider nicht allzu packend ist.
Schauspieler Mutsugoro Suzuki stekt in der Krise - auch wenn er sie am liebsten verdrängen will: schon seit längerer Zeit dümpelt er auf TV-Film/-Soap - Niveau herum; seine Bekannten fangen schon an ihn zu hänseln. Allerdings hat der zurückhaltende, gutaussehende Charmeur immer noch Erfolg bei der Weiblichkeit, was seine Probleme allerdings nicht verringert. Seine Freundin Taeko scheint von den Eskapaden zu wissen und will ihn verlassen. Seine Geliebte Ranko, eine Theaterdarstellerin, ist zwar sexuell sehr offen eingestellt, jedoch beobachtet Mitsugoro auf dem Klo eines Gasthauses, auf dem er samt einigen Schauspielern der Truppe, die den Erfolg ihres Stückes feiern, dass auch die anderen Männer beim Pinkeln enorme Schmerzen zu haben scheinen. Da haben sich wohl alle was eingefangen - die Frage ist nur: von wem haben sie das? Und Mitsugoro schwant nichts Gutes. In einer weiteren Ebene z.B. ist er einer der Gangster in einem Yakuzakartell, die einen terroristischen Anschlag zu planen scheinen. Überschattet wird Mitsugoros momentane Erschütterung allerdings davon, dass er eigentlich zu einem Klassentreffen nach Hause reisen muss, was ihm freilich überhaupt nicht passt. Am obigen Filmplakat lässt sich aufgrund der montierten Motive bereits ahnen, wie die Struktur des Films organisiert ist.
YUME NO NAKA E basiert auf einem Roman Sion Sonos (der sich sowieso neben dem Fimemachen auch als Schriftsteller und Lyriker begreift), welcher im selben Jahr in Japan noch als Buch erschien. Auf wikipedia wird eine coming-of-age-Analogie zu seinem Erstling BICYCLE SIGHS hergestellt, ein Film, der hier auch noch besprochen werden wird. INTO A DREAM, auch wenn er nicht zu begeistern weiß, gefällt dennoch mit seinem immer wieder langsam sich entwickelnden Humor, mit der schönen Figurenzeichnung des Protagonisten (die bei den Nebendarstellern freilich holzschnittartig bleibt) und einer angenehmen Unaufgeregtheit, die das DV-Format mit sich bringt. Hier ist der vielbesungene Skandalregisseur deutlich mehr Auteur denn Rampensau, was seinen Status des "Ausnahmetalents" untermauert. Wunderbar auch das Ende des Films, in dem ein volltrunkener Tetsushi Tanaka durch die Nacht stolpert und seinen Schmerz und seine Verzweiflung hinausschreit. Die Erkenntnis hat ihn getroffen: Er kommt nicht drum herum, sich für einen der Lebenswege zu entscheiden. Manche Dinge muss man selbst in die Hand nehmen.
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