In Zhang Yimous Alltagsdrama aus der mittleren Schaffensphase sieht man die Bestrebungen der 5. Generation chinesischer Filmemacher noch deutlicher offenbar, als in seinen späteren Werken - oder gar in solch staatsdienenden Entgleisungen wie der Eröffnungsshow bei den olympischen Spielen in Peking oder dem durchkommerzialisierten, touristischen Event - Wasserballett im provinziellen Yangshuo, das mit viel Liebe, Pomp und Feuerwerk eine in China allseits bekannte Liebesgeschichte jeden Tag aufs neue inszeniert und zelebriert. Keine Frage, auch dieser Zhang wird in seiner Heimat geliebt, nur in unsere westlichen Kategorien des regimekritischen, aufbegehrenden Künstlers passt er dann nicht mehr so gut. Da wird dann auch schnell gespottet, denn man fühlt sich ja im Besitz der alleinigen und allgemeingültigen Wahrheit. Und die moralische Hoheit hat man sowieso, klar.
Happy Times jedenfalls ist kein eskapistischer Heldenschnack, sondern eine Geschichte aus der Mitte der untersten Arbeiterschicht. Ein gutmütiger Rentner, der sich ein paar Yuan dazu verdient indem er mit ein paar Freunden eine alte Fabrik demontiert (vermutlich die, in der sie jahrelang gearbeitet haben), schaut sich erneut auf dem Heiratsmarkt um, da er nicht alleine sterben will und es gerne gemütlich hätte. Also sucht er eine beleibte Frau, bei der er es sprichwörtlich bequem hat. Dieser Film also ganz klar: eine Komödie, aber eben weil Zhang Yimou, eine bittere. Die Angebete nun kümmert sich neben ihrem verfressenen Sohn auch um ein blindes Mädchen, das ihr aber auf der Tasche liegt und das sie allzu gerne loswerden möchte. Opa soll sich drum kümmern. Und da er es sich mit der Matrone nicht verscherzen will, tut er das... nur, wohin mit dem Kind?
Eine Ausflucht ins Historische kann man Zhang nun mit diesem Film nicht mehr unterstellen, und auch dass der Protagonist eine ziemlich offensichtliches Hindernis überwinden muss, auch nicht. Denn sonst bliebe kaum mehr was übrig von diesem Film, wie übrigens von den meisten nicht. Dass Zhang dann mit Situationskomik arbeitet, alles eigentlich immer noch komplizierter wird als zunächst gedacht, liegt in der Struktur der (wie vieler ähnlicher) Erzählungen begründet (nach einer Erzählung von Mo Yan). Und auch die Tatsache, die in bald jedem zweiten US-Mainstream-Bausatzfilm thematisiert wird, dass man, genau, nur gemeinsam stark sei, kommt auch hier in Happy Times zum tragen. Allerdings so unaufgeregt und natürlich, dass man der Ereignisse nur mit bestem Willen zustimmen kann. Wer näher am Wasser gebaut ist, verdrückt sicher auch mal eine Träne. Rührend und schön ist diese Gemeinschaft, geerdet durch die authentisch wirkende Erzählung. Wer wollte dieser sanften Hoffnung widersprechen auf ein klein bisschen Altern in aufgezwungener Würde mit viel Ironie und wohl dosiertem Augenzwinkern! Ein sehr sehenswerter, nicht ganz so bekannter Film des von vielen mittlerweile belächelten Regisseurs. Sehr schönes, souverän gemachtes und routiniertes Kino.
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