Yoji Yamada hat eigentlich schon längst
das Rentenalter erreicht, aber er scheint nicht aufhören zu können.
Zu unserem Glück muss man sagen, denn seine letzten Filme waren
allesamt Höhepunkte eines routinierten Filmschaffens, wie es sich
erst nach langen Jahren der Könnerschaft zeigt. Seine Ozu-Hommage
TOKYO KAZOKU: fantastisch, THE LITTLE HOUSE: berührend leichtfüßig
und zärtlich traurig zugleich, seine etwas ins Alberne driftende
Komödie WHAT A WONDERFUL FAMILY!, wie schon der Titel als verzweifelter Ausruf und
ironischer Kommentar suggeriert, eine ferne Neuauflage von Sogo
Ishiis Klassiker der FAMILIE MIT DEM DÜSENANTRIEB. Man kennt also
diese ganz normale Vorstadt-Familie bereits aus Teil 1, dieser –
wie es scheint – sich zu einer Reihe auszuwachsenden Darstellung
des ganz normalen Wahnsinns des Alltags.
Diesmal geht es um die mittlerweile
eingeschränkten Fähigkeiten des Großvaters, ein Auto lenken zu
können. Ständig kommt er mit irgendwelchen Dellen in der Karosse
zurück. Nur: wie ihm das beibringen, diesem herrischen Patriarchen,
diesem zärtlichen Familiendrachen, der sich stets seiner Autorität
als Familienvorstand versichern muss? Das kann keiner so richtig, das
traut sich niemand. Also sucht man sich jemand, der zwar nah dran
ist, aber der dennoch nicht zu sehr in der Schusslinie steht. Das ist
wieder einmal die einsichtige Schwiegertochter, hinreißend gespielt
von Yu Aoi, die mit dem Enkel verheiratet ist und als
Krankenschwester sowieso über ein wie natürliches Einfühlungsvermögen
verfügt.
Hier ist also einiges an skurril
witziger Situationskomödie geboten – und doch geht es im Kern um
etwas ganz anderes. Nämlich um das Altwerden. Wie ist das mit der
Würde, mit den eigenen Träumen und Sehnsüchten, wenn man
realisiert, dass langsam die Zeit abläuft? Wenn der Körper nicht
mehr so kann, wie man will? Die Großmutter jedenfalls lässt sich
von dem Grummel nicht mehr an der Realisierung der eigenen Träume hindern
und reist mit einer Seniorengruppe – ebenfalls alles Frauen, deren Männer grummelig sind –
nach Norwegen, um das Polarlicht mit eigenen Augen zu sehen. Er
bleibt freilich zu Hause, dazu hat er gar keine Lust. Nun zeigt sich
auch, wofür er den Führerschein noch braucht: er hat sich nämlich
auf seine alten Tage in die Wirtin seiner Lieblingskneipe verguckt,
die er zum Essen ausführen möchte. Und wie es so kommt, trifft er
auch noch auf einen alten Schulfreund, der allerdings in ganz anderen
Familienverhältnissen steckt, als er selbst. Diese Figur fungiert
als Spiegel der Lebenssituation des alten Mannes, und wirkt wie ein
Katalysator. Und so nehmen die Dinge ihren Lauf.
Mit einem Hauch von Wehmut durchzogen,
ganz so wie Yamadas legendäre Tora-san-Reihe über den herumziehenden
Taugenichts Torajiro, kann man sich auch noch weitere Filme mit und über diese Familie gut vorstellen; denn weitermachen kann man hier eigentlich
endlos. Das wirkliche Leben gibt genug Geschichten vor, die sich
umsetzen ließen. Und man kann dem Regisseur nur alles erdenklich
Gute wünschen, dass er noch lange so weitermachen möge, wie es die
Gesundheit zulässt. Auch dieser Film fühlt sich wieder so an, wie
ein kleines Meisterwerk.
Michael Schleeh
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