Das Mädchen Ako (Elisa Yanagi) ist so etwas wie ein
Geist, ein Geist auf der Suche nach der Schwester, vielleicht auch ihrer Mutter - das ist lange nicht klar. Sie wandelt durch die
Landschaften dieses ländlichen Vororts. Die Einwohner scheinen sie zu
kennen, behandeln sie wie ein verwirrtes Mädchen. Der Film aber
behandelt sie wie eine Geistererscheinung und blendet sie immer wieder
aus dem aktuellen Filmbild langsam aus. Sie verschwindet nach und nach und
entstofflicht sich. Was sie wirklich ist - lebendig oder tot - das weiß
man lange Zeit nicht in Yohei Suzukis schönem Film.
In einzelnen Miniaturen führt uns YEAH in die Welt der Anti-Heldin ein. Ein Spielplatz, ein kleiner Imbiss, ein Parkplatz. Eine ranzige Junggesellenbude. Eine ziemlich statische Kamera gibt den einzelnen Szenen einen formal-ästhetischen Zusammenhang, wie auch die etwas ausgebleichten, pastellartigen Farbtöne. Dazu das Gemurmel von Ako, die ständig etwas vor sich hin brabbelt. Sie scheint offenbar nicht zu wissen, wo sie sich aufhält, und driftet immer wieder in Halluzinationen ab. Einige Gespräche des plötzlich anwesenden Bruders mit zwei Ärzten deuten ohnehin an, dass sie sich die ganze Zeit in einem Hospital, eventuell sogar in einer Irrenanstalt, befindet. Der Film aber lässt das offen, er erzählt meist ganz aus der subjektiven Perspektive seiner Protagonistin. Diese Offenheit, das ist die Stärke dieses Independent-Films.
Der Film verstört immer wieder und auf verschiedenen Ebenen. Aber vor allem sind es auch die Bild-Ton-Scheren, die das Verhältnis zu dem, was wir sehen, in Zweifel ziehen. Da hört man einen Schrei, obwohl die Szene schon gewechselt hat. Einen Hubschrauber, obwohl dieser in der vorherigen Szene nur vorhanden war. Das, was das narrative Kino mit einem Flow ausstattet, nämlich mit Verschleifungen zu arbeiten, verweigert Yohei Suzuki in YEAH. Er springt von Szene zu Szene und überführt das Stilmittel 'Ton' ins Extrem - und erschafft somit einen Verfremdungseffekt, der einem erst bei aufmerksamem Zu-sehen / Zu-hören auffällt.
Immer wieder kehrt Ako zu einer Art Vogelscheuche mit Regenmantel zurück. Sie steht in einem Brachland, am Rand des Zuckerrohrfeldes. Dorthin bringt sie ihr einen Strauß Korianderblüten, wie ein Grabgebinde zum Friedhof. Und kein Wunder spricht auch die Figur mit ihr, die dort steht wie ein Grabstein aus Licht. Licht zweifellos das Element, das Leben spendet. Die Figur: wir hören sie nicht, aber es ist klar, dass Ako sie hören kann. Wessen Realität ist nun realer?
Michael Schleeh
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Der Film lief im Rahmen des International Film Fest Rotterdam (IFFR) und war auf FestivalScope gegen Bezahlung für kurze Zeit im Stream zu sehen.
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