Den Film habe ich vor etwa zwei Wochen gesehen und es ist ganz interessant, was noch in der Erinnerung von ihm übrigbleibt. Und das ist eigentlich recht viel. Was vor allem, wie ich glaube, daran liegt, dass er geschickt mit "Bild-Ankern" arbeitet. Zum Beispiel mit der Pyramide am Ende, die vergisst man nicht so schnell. Genausowenig wie das Haupt-Setting, die verlassene Fabrik. Oder dann den dritten Schauplatz, einen gesichtslosen Büroraum mit 08/15-Mobiliar und wenig Euphorie. Woher die ganze Saftigkeit kommt, wenn ein Film - in der Produktion - dort in dieser nüchternen Tristesse beginnt, ist auch so ein kleines Wunder. Auf der Leinwand ist er dann ja schon eine ganz andere Erfahrung.
Auf letterboxd hatte ich das schon kurz angemerkt: der Film hat ein merkwürdiges, schräges Pacing. Schnell und actionreich am Beginn, dann die Zerstörung der filmischen Illusion und der Aufbau der Backstory, dann Switch zurück und das quasi-live-Making-of. Der Film ist also ein Erzählfilm, eine Meta-Erzählung, und eine Fake-Doku ihrer Entstehung in einem. Ein erzähltechnischer, postmoderner Kniff, der äußerst unterhaltsam ist, und der "aus seinen beschränkten Mitteln das Beste" macht. Eine Independent-Produktion, die genau dieses Amateurhafte ausstellt und das zu ihrem Vorteil nutzt. Eine super Idee.
Dass der Film ein dermaßen großer Erfolg werden würde, sowohl was die Laufzeit in den Kinos in Tokyo angeht, wie auch international auf Festivals und innerhalb der Online-Community, damit hatte wohl niemand gerechnet. An ähnlich euphorische Kommentare kann ich mich nicht mehr erinnern seit vielleicht 28 Days Later das Ruder übernommen hatte, ein Film, der auch etwas Neues geboten hat (Atmosphäre, ultra-schnelle Rage-Bestien).
Allein, die ganz große Begeisterung will sich bei mir nicht einstellen. So sehr ich Filme über das Filmemachen schätze, so scheint mir One Cut of the Dead doch ein ziemlicher Hype zu sein, der sich Dank der immer wieder neu hochgejazzten Stimmung quasi als Selbstläufer selbst bestätigt. Jeder Zuschauer will Teil einer Euphorie sein, die auf der "guten Seite" steht: Independent-Film, kleines Label, sympathische Produktion, "from rags to riches". Es wird bestätigt, was ohnehin nicht weh tut.
Damit ich nicht falsch verstanden werde: ich mag den Film, und aller Erfolg ist ihm zu gönnen. Aber er hätte für meinen Geschmack gerne etwas bissiger sein dürfen. So wie der geniale Meta-Film Lowlife Love, oder wenigstens so gesellschaftskritisch wie I am a Hero. Ich befürchte, dass One Cut of the Dead doch zu sehr auf den eigenen Horizont beschränkt bleibt, um langfristig eine größere Strahlkraft zu entfalten.
Michael Schleeh
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