Ein meisterlicher Schwanengesang des kürzlich verstorbenen, japanischen Ausnahmeregisseurs Nobuhiko Ôbayashi, der mit einer irren Plotkonstruktion das Ende des Kinos (aka. des letzten Kinos in seiner Heimatstadt Onomichi) mit den Ereignissen des Zweiten Weltkriegs vor allem auf Okinawa kurzschließt - und der die japanischen Kriegsverbrechen thematisiert, die dort stattgefunden haben. Gräueltaten, die allzu häufig unter den Tisch gekehrt werden. Nur um dann im Finale mit der Schauspieltruppe nach Hiroshima zu springen, um seine Erzählung mit dem Atombombenabwurf zu beschließen.
Dazwischen packt er nicht weniger als so gut wie die gesamte japanische Filmgeschichte von der Stummfilmzeit bis zum Zweiten Weltkrieg. Sadao Yamanaka und Yasujiro Ozu sitzen im Lehnstuhl und unterhalten sich im Jenseits über ihre Filme und die "gescheiterten" Karrieren, wobei die berühmt gewordene Sentenz nicht fehlen darf, Ozu selbst sei nur ein "Tofu-maker" eines Alltagskinos, das sowieso keinen interessieren würde.
LABYRINTH ist also auch eine große Erzählung über Kunst und Kino, über das Theater, das Musical, und wie sollte es anders sein: über die Liebe. Wie die Liebe alles einreißt, so auch die Leidenschaft für die Leinwand, die die drei Cinephilen Protagonisten den "Sprung in den Film" machen lässt. Ganz konkret: sie betreten den Film und erleben ihn mit, mit dem Mehr-Wissen aus der Zukunft und der Bewunderung für die alten Meister, die Schriftsteller, Schauspieler und Theaterautoren.
Ein schwieriger Film ist das, übervoll, ständig von einer Szene in die nächste hinein explodierend, musikalisch ein Chamäleon - und was eben noch Drama war, ist kurz darauf ein Musical vor einem Sonnenuntergang.
Ein manchmal also schwer zu schauender Film, aber auch ein immens beeindruckender. Drei Stunden lang und der trotz seiner gargantuesken Fülle zu Herzen geht und emotionale Anker im Zuschauer zu setzen vermag. Ein veritables Meisterwerk und so frisch vom Herzen weg, aus dem Kopf heraus, mit Verve und Energie, wie von einem jungen, wilden Regisseur. Mit der Erfahrung, der Reife und Souveränität des Regisseurs, der selbst ein ganzes Jahrhundert durchschritten hat. Ganz großes Kino.
Michael Schleeh
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