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A Life Turned Upside Down: My Dad's an Alcoholic (Kenji Katagiri, Japan 2020) ~ im Rahmen der Nippon Connection 2020


 Was wie eine beschwingte Komödie beginnt, gerät allzubald zur Tragödie. Hätte man ahnen können, denn die Rollenwahl des Schauspielers Kiyohiko Shibukawa ist selten frei von gebrochenen Charakteren. 

So auch hier: ein Familienvater, der sich, wie in Japan üblich, viel zu wenig um seine Familie kümmert, dafür umso mehr um seinen Job, bringt eben diese an den Rand des Zusammenbruchs. Weshalb? Ganz einfach: die Gewohnheit, abends noch ein paar Gläser trinken zu gehen, wird irgendwann zur Sucht. So ist bald jede Ausrede recht, um sich total ins Orbit zu schießen.

Und am Anfang ist der Film auch inszeniert wie ein Sommerwind, der frisch durchs Fenster hereinweht. Wie sollte man diesem Charakterkopf mit dem Dauergrinsen und den hochgezogenen Augenbrauen auch böse sein! Doch er treibt seine Frau in den Wahnsinn, bzw. zunächst in den religiösen Fanatismus, und seine beiden Töchter in die innere Isolation. Hauptsache, er kann mit seinen Saufkumpanen die Mühen das Alltags mit ordentlich Sake und Bier hinunterspülen. Aber so einfach ist es nunmal im Leben nicht. Denn die Einschläge kommen näher, das fragile Geflecht beginnt auseinander zu brechen.

Es ist wirklich beeindruckend zu sehen, wie hier dieser Mikrokosmos von ein paar Figuren und ihrem nächsten Umfeld ein ganzes Panorama abbilden kann. Dabei rückt man nicht nur nahe an sie heran und beginnt Sympathie aufzubauen - besonders für die jüngste Tochter, die Talent zum Zeichnen hat und einen Hang zur Selbstdestruktion -, sondern wird immer wieder von spannenden netten Spielereien überrascht. Etwa den Sprechblasen, die die Gedanken eben jener Tochter visualisieren, die sich via Sprache kaum mehr auszudrücken versteht.

Am Ende geht dann alles ziemlich unaufhaltsam zugrunde. Man kann nur noch hoffen, dass die beiden Mädchen aus dem Schlamassel irgendwie herauskommen. Und auch der Film findet immer wieder ganz zu sich, wenn er wie federleicht die offenen Fäden zusammenführt und mit viel Gespür für Kleinigkeiten und Details zum Abspann gelangt. Das wäre ganz wunderbar, wenn das Thema nicht so viel Gewicht hätte. So beißt sich die Leichtigkeit der Inszenierung des Endes etwas mit der Schwere des Themas. Denn eines ist klar: versöhnlich ist hier gar nichts. Auch wenn die Töchter beginnen, hinter die Fassade des Vaters zu blicken. Nur ist die Zeit aber bereits abgelaufen. Es ist klar, wer hier alles kaputt gemacht hat. 

Michael Schleeh

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