Ein ruhiger, melodramatischer Film Sion Sonos. Ohne Blut, fast ohne Gewalt - ein bei uns weniger wahrgenommer Aspekt im Oeuvre des hauptsächlich auf seine Skandalfilme reduzierten Regisseurs. Aber Sonos Bandbreite ist größer (vgl. der hier besprochene INTO A DREAM von 2005) - gleichwohl ist der Film so etwas wie der ruhende Pol zwischen Filmen wie EXTE und LOVE EXPOSURE (davor) und COLD FISH (danach). BE SURE TO SHARE ist ein gefühlvolles Krankendrama, das zwischen Erwachsenwerden, Erinnerung, und Familie hin und her gleitet und dabei die Brüche offenlegt, die man in solch fragilen Gefügen nur allzu gerne zu übersehen bereit ist.
In der Hauptrolle des Shiro ein Pop-Idol, Akira von der Band Exile. Seine süße Freundin wird von Ayumi Ito gespielt, die man vielleicht aus GANTZ! kennt, oder als Akemi in INTERIOR DESIGN aus dem omnibus-Film TOKYO! Eiji Okuda spielt den Vater, um dessen Anerkennung Shiro kämpft. Die Zeit jedoch wird knapp, mit einer Krebsdiagnose liegt das Familienoberhaupt im Krankenhaus. Und ihr Verhältnis war alles andere als herzlich, wie die zahlreichen Flashbacks in die Jugend Shiros belegen: sein Vater, der zugleich der Sportlehrer war, hat seinen Sohn, um ihn nicht den anderen Schülern zu bevorzugen, besonders hart rangenommen. Erst später gab es dann eine emotionale Annäherung - ein sowieso schwieriges Thema im japanischen Familiengefüge -, und so ist das gemeinsame Sehnsuchtsziel ein Angel-Trip zu einem nahegelegenen See. Doch auch seine seit Jahren andauernde Freundschaft mit Yoko bewegt sich nicht voran. Diese wartet auf ein Zeichen des schüchternen Jungen, beide sind Ende 20 und müssten dringend heiraten. Auch Shiros Mutter ist diese offene Beziehung ein Dorn im Auge.
In der Auflistung der Ereignisse wird das melodramatische Potenzial des Films deutlich - Shiro kauft sich sogar noch eine Angel, um dem Vater die Dringlichkeit seiner Genesung klar zu machen. Und dann erfolgt die Potenzierung der Schicksalsschläge - tragische Ironie der Ereignisse: bald sogar wird Shiro mit einem Krebsleiden diagnostiziert, was er aber der Familie verschweigt. Und nur Yoko bekommt schließlich die Wahrheit zu hören. BE SURE TO SHARE hätte ein wahrlich furchtbarer Film werden können - nicht aber bei einem Mann wie Sono. Ruhig ist der Film inszeniert, wie in einem Kammerspiel völlig von den Figuren und dem souveränen Schauspiel der Darsteller getragen. Ohne Bombast und Pomp, ohne Schmalz inszeniert, allenfalls mit einem Hang zum Grotesken, was sich etwa in der Szene der Begräbnisprozession zeigt. Dadurch bekommt der Film einen emotionalen Grip, den ich ihm nicht zugetraut hätte. Es ist ein Film, der sich Zeit lässt, und doch nie manieristisch wird. Ein Jugendfilm, ein Coming-of-Age-Film, ein Generationendrama mit impliziter Gesellschaftskritik, die sich wie im Vorbeigehen entwickelt. Weder die Landschaften, noch die Sets tragen auf - der Film zeichnet sich durch seine Lakonie aus, und das in jeder Hinsicht. Dafür, dass er sein Gerüst auf so vielen Stereotypen aufbaut, ist dieser "kleine" Film aus dem japanischen Alltag sehr gelungen, und dann doch wieder - aus den richtigen Gründen - ein großer.
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