Das Debut des koreanischen Regisseurs Kim Hwi verfolgt eine nur mäßig interessante Prämisse: was wäre, wenn in d(ein)er Nachbarschaft ein Serienmörder leben würde? Und auch wer der Übeltäter ist, weiß der Zuschauer folgerichtig schon von Beginn des Filmes an. Der Thriller lebt also nicht davon, wovon der klassische Kriminalroman seinen Stoff bekommt: dass eine Tat aufgeklärt und der unbekannte Täter gefasst wird. Ganz im Gegenteil: in THE NEIGHBORS sind diese Fakten bekannt. Hier geht es nun darum, weshalb der Täter so lange nicht überführt wird, obwohl alle merken, dass mit dieser Person etwas nicht stimmt. Mit jemandem, der mitten in der Gemeinschaft eines Appartmentkomplexes lebt.
Obiges Plakat spricht also Bände - nicht umsonst ist der Täter inmitten der anderen Charaktere abgebildet. Womit der Regisseur natürlich einen Allgemeinplatz in Szene setzt, etwas, worüber in jedem Revolverblatt und jeder Enthüllungssendung im TV kollektiv der Kopf vor Entrüstung geschüttelt wird: wie konnte das nur unter aller Augen passieren! Nun, die Antwort ist so banal wie simpel: weil niemand die Konsequenzen aus seinen Entdeckungen zieht, weil keiner Ärger am Hals haben will. Exemplarisch ist der Fall des Händlers, bei dem der Täter die Koffer kauft, in denen er die Leichen abtransportiert. Der Händler erkennt diesen im Fernsehbericht, bewahrt dann aber Stillschweigen, als er von seiner Frau die zahlreichen negativen Aspekte einer eventuellen Einmischung in den Fall vorgehalten bekommt. Dass die Tote/Vermisste ein junges Mädchen ist, dem er jeden Tag begegnete, spielt plötzlich kaum eine Rolle mehr, wenn es um das persönlich zu erbringende Engagement geht.
THE NEIGHBORS ist ein Film, der in seiner gelackten Optik ganz gut, aber auch wohlbekannt aussieht: es ist eben das aseptische, gutbürgerlich-moderne Korea. Leider ist der Film bedauerlicherweise ziemlich dröge und bisweilen sehr banal - er trägt seine Message allzu deutlich vor sich her. Der Täter ist ein dermaßen herausfallender Asi mit allen Insignien der Verwahrlosung, dass man sich fragt, warum wirklich keiner mal sich traut, Maßnahmen zu ergreifen. So richtig plausibel ist das nicht. Und die Regie ist immer wieder eklatant unkreativ. Szenen werden linear runtergekurbelt ohne jede künstlerische Ambition. Kim Yunjin spielt die Mutter, die für verrückt erklärt wird, da ihr die Tochter immer wieder als Geist erscheint; sie ist eindeutig das schauspielerische Highlight des Films. Man kennt sie aus der Fernsehserie LOST, wo sie die koreanische Frau spielt, die sich vom autoritären Ehemann emanzipieren muss. Ein wirkliches Profil aber kann kaum eine der schablonenhaften Figuren gewinnen (abgesehen vielleicht vom schwertätowierten Gangster Ma Dong-seok, mit dem man sich lieber nicht anlegen möchte), zu sehr ist der Plot in seiner Anlage auf einen konzentrischen Kreis angelegt, in dessen Zentrum sich der Täter befindet. Ansonsten gibt es noch so einiges unglaubwürdig Überforciertes zum Stirnerunzeln: etwa die umgebaute Wohnung des Täters, die in ein Kellergeschoß hinabführt, wo er seine Opfer im slasherüblichen Ambiente der blutig-verschmierten Kacheln und kalten Neonröhren zerschnetzelt. Ich denke nicht, dass man so etwas zum hunderttausendsten Male wiederholen muss. Aber THE NEIGHBORS ist eben auch nur ein Film unter sehr vielen, sehr ähnlichen seiner Art.
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