Wenn Naoki mit Satomi zusammen ist, Koji mit Tomoko, der brillentragende Hobbypunknerd Osamu mit „dem Hundegesicht“ Yuko – wie sie bösartig genannt wird – verkuppelt werden soll, sich Takashi währenddessen in Kaori verliebt, der und die eine vielleicht mal fremd geht, mit Satomi, Tomoko oder sonstwem, und man auch nicht genau weiß, was Satomi nachts eigentlich so treibt, wenn sie jobben geht – dann befindet man sich mitten in Daisuke Miuras turbulenter Komödie BE MY BABY (Koi no uzu, 2013). Ein Film, in dem permanent alles irgendwie auf dem Kopf steht. Ist der Titel Wunsch oder Befehl? Wohl beides, je nachdem. Wie in einem Kammerspiel schwatzt hier alles aufeinander ein, klettert übereinander drüber, auf der Suche nach der Spielekonsole etwa, die die ganze Zeit über zwitschert, schnattert und plärrt, sucht man nach Zigaretten, Bier oder Knabberspaß, klingelt zwischendurch die Tür, neue Gäste kommen, raucht die Kippe, raucht der Joint, kriegt einer einen Lachanfall, klingeln ständig irgendwelche Handys, redet einer… einen Moment lang zulange mit der falschen Frau. Der Auslöser zu einem Skandal, ganz klar. Dabei noch ein vorgetäuschter, denn eigentlich hat er, der Bösewicht des Films, ja schon genug von seiner Freundin und die Konfrontation wird inszeniert, um einen Streit vom Zaun zu brechen. Um ihr die Schuld zuzuschieben, sie kleinzumachen, um sie endlich mit einem Alibigrund verlassen zu können. Weil man Schiss hat, die Wahrheit zu sagen: lieber ein bisschen Mindfuck – sie habe sich außerdem nicht um die neue Freundin soundso gekümmert, die alleine in der Ecke saß. Er ja auch nicht. Er brüllt aber lauter und findet noch ein weiteres (oder zwei oder drei), vorgeschobenes Argument, das er ihr in die Schuhe schieben kann. Mittzwanziger Freeter-/Furiita-Jobber ohne Lebensplan werden hier gezeigt, die sich so durchschlagen und nicht viel mehr tun, als ihren Beziehungsstatus (auch ständig auf allen sozialen Netzwerken) pflegen, auf der faulen Haut liegen, viel rauchen, Bier trinken, vögeln. Das wird gefilmt mit Handkamera, shaky, dicht dran, gut inszeniert mit Ruhepausen, die dann in ernsthaftere Gefilde abdriften, in die Paarkonstellationen, wo die Schauspieler auch zeigen dürfen, was sie können. BE MY BABY ist vom Regisseur von LOVE STRIKES! / MOTEKI (2011) und ein sehr gelungener, extrem unterhaltsamer Langfilm des ehemaligen Fernsehregisseurs Daisuke Miura.
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Über 100 Filme präsentiert die diesjährige 14. Ausgabe der Nippon
Connection seinem Publikum, und wie in diesem Film BE MY BABY kann es
auch abends im Foyer des Mousonturms dann ein riesiges Durcheinander
werden, etwa wenn ein Film wie THE APOLOGY KING völlig ausverkauft ist.
Überhaupt scheint die „neue“ Location, in die die Veranstaltung letztes
Jahr bereits umgezogen war, vom Publikum sehr gut angenommen zu werden.
Überhall hört man positive Stimmen zu der Kombination der beiden
Festivalzentren Mousonturm – Naxoshalle, die nur hundert Meter
auseinanderliegen (und die auch das Mal Seh’n Kino gut anschließen). Die
Stimmung jedenfalls ist sehr gut, dicht, auch aufgrund der räumlichen
Nähe. Lediglich die Schalldämpfung im Kino der Naxoshalle lässt etwas zu
wünschen übrig, wenn es abends richtig voll wird und das Gemurmel der
sich unterhaltenden Gäste hereindringt aus dem Foyer, das dann mit
Pressecounter, Essensständen, Bar und Spieletischen zum Treffpunkt der
Festivalbesucher wird.
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Dazu passt auch gut Shinobu Yaguchis irre Komödie ROBO-G (2012), in
der drei Waschmaschinen-Ingenieure mal eben so einen Roboter entwickeln
sollen, da sich ihr Firmenchef als progressiver Erneuerer auf einer
Robotermesse präsentieren möchte. Es geht natürlich – alles schief. Und
zwar in einem großen Scherbenhaufen. Die einzige Lösung: bißchen
Schwindeln. Gefunden wird ein grantiger Rentner auf Sinnsuche, der in
eben jenes Roboterkostüm klettern soll, um die drei Anti-Helden vor dem
Ruin zu retten. Dass die Aktion eine lange Kette an wirklich zum
Schreien komischer Ereignisse auslöst und nach sich zieht, muss kaum
erwähnt werden, und so ist denn auch dieser Film vom Publikum sehr
beklatscht worden. Yaguchi ist ein Meister des nicht nur sanften Humors
und wird nicht umsonst als einer der wichtigen Erneuerer der japanischen
Komödie nach 2000 angesehen. Man erinnere sich an seinen Film WATERBOYS
(2001) oder den nicht weniger tollen SWING GILS (2004). Yaguchi ist
übrigens auch ein Filmemacher, dessen Werke es in das Archiv der Japan
Foundation geschafft haben. Kulturell relevant also für die neuere
japanische Filmgeschichte. Ausrufezeichen.
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THE APOLOGY KING (2013) von Nobuo Mizuta ist hingegen das, was
gemeinhin eine Groteske genannt wird. Mizuta verfilmt hier ein Drehbuch
des extrem erfolgreichen Drehbuschschreibers (und Darstellers und
Regisseurs) Kankuro Kudo (AMACHAN, YAJI AND KITA, MEMORIES OF MATSUKO,
GO, MAIKO HAAAAN!), das in einem überdrehten Hirngespinst seine
Prämisse findet: Yuzuru Kuroshima (der Komiker Sadao Abe mit Helmfrisur
und quirky Klamotten) betreibt eine „Agentur für Entschuldigungen“, die
die große Kunst des „Dogeza“, bzw, des „ultra-Dogeza“ (des
Entschuldigens mittels des richtigen Verbeugens bzw. des Hinkniens)
praktiziert. Natürlich wird hier die hochkomplexe japanische
Entschuldigungskultur aufs Korn genommen, jeweils in einzelnen mehr oder
weniger zusammenhängenden Kapiteln, die dann immer wieder tatsächlich
tiefgründige Themen anschneiden. Aus einer grotesken Komödie wird so
immer wieder auch ein ernsthaftes, in Momenten durchaus bitteres Drama –
bei dem man aber stets weiß, dass das nächste Knallbonbon schon bald
gezündet werden wird...