Ein junges Paar aus der Stadt, das sich mit unausgesprochenen Eheproblemen herumschlägt, verbringt einige Tage campend in einem Urwald. Der Ehemann, ein Photograph auf Motivsuche, wird dabei auf den Wanderungen durch den Wald von einem mächtigen und zugleich mysteriösen Baum in den Bann gezogen, der ihn zunehmend stärker fasziniert. Dieser scheint sich auch in Form einer mythologisch aufgeladenen, nackten Frau zu offenbaren, die den Photographen eines Nachts in den Wald hinein lockt, ihm das Bewußtsein raubt um ihn dann auf dem massiven Wurzelwerk am Ufer eines trägen Flusses zu verzehren. Die Ehefrau hingegen, die ihrerseits eine Affäre mit ihrem eleganten Boss führt, fühlt sich nach zweijährigem Seitensprung wieder zu ihrem Gatten hingezogen - nur ist der eben jetzt verschwunden. Sie macht sich nun in den Wald auf, ihn zu suchen, nachdem er ihr zuhause, als Geist möglicherweise, erschienen war.
Pen-ek Ratanaruang entfernt sich immer weiter vom herkömmlichen Storytelling hin zu einem Regisseur, der vor allem Stimmungen und seelischen Zustände einfängt. Und das mit ruhiger, gleitender Kamera und starker Unterstützung durch die tolle, suggestive Tonspur. Sehr deutlich wird das direkt am Beginn des Films, wenn die Kamera in einer etwa achtminütigen Sequenz ohne einen einzigen Schnitt durch den Wald gleitet, und irgendwann im Hintergrund, halb verdeckt von den Bäumen, eine Vergewaltigung beobachtet. Da wird sehr schnell deutlich, dass es sich hier mit Nymph nicht um elegisches Genießertum handelt, sondern um ein Grauen, das sich auf mehreren Ebenen abspielt und ins Leben hineinschleicht. In welcher Realitätsebene man sich allerdings gerade befindet, zeigt sich dann oft erst später. Vor allem da man auch keine Hinweise auf eine Verschiebung erhält, keine Marker, die eine Eindeutigkeit vermitteln würden. Alles wird einfach "realistisch" gezeigt, nebeneinander und ohne Hierarchie. Das macht die Orientierung oft nicht ganz leicht, spielt aber auch wiederum keine große Rolle, da man sich sowieso in den Film hineintreiben lassen muss, wie in die Betrachtung eines Gemäldes - das aber jede Kontemplation aufgrund seines Verstörungsfaktors verhindert. Die Wahrnehmung des filmischen Ereignisses an sich übernimmt die Oberhand vor allen kausallogischen Grübeleien. Und das macht auch einen großen Teil der Faszination dieses Filmes aus: diese ständige Verunsicherung auszuhalten.
Nymph ist kein klassischer Horrorfilm, eher eine Reise in eine natur-mythologische Verunsicherung hinein, die schamanistische, indigene Züge trägt. Wollte man einen anderen Filmemacher als Vergleich heranziehen, dann könnte man den Film als einen möglichen Geisterfilm von Apichatpong Weerasethakul bezeichnen (Tropical Malady-style) - was nicht so weit hergeholt ist, wenn man ihren Status als thailändische New-Wave-Regisseure berücksichtigt. Aber auch ohne Kenntnis der thailändischen Mythologie oder des Volksglaubens ermöglicht Nymph einem westlichen Publikum einen einfachen Zugang, so offen und durchlässig wie er sich präsentiert. Man wird von ihm angezogen, affiziert, eingesaugt und fasziniert, ganz genau so, wie es der Hauptfigur im Film widerfährt.
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