Das Spannendste an The Terror Live waren für mich die panikartigen Managerhandlungen von Ha Jung-woo (alias Yoon Young-hwa), der sich, einmal seine große Story gerochen, in Position bringt, fit macht für die Exklusivberichterstattung des Bombenanschlags auf der Mapo-Brücke in Seoul, welche in Panoramadistanz zu seinem Businessfenster aus dem Wolkenkratzer dramatisch die Rauchsäulen aufsteigen lässt. Ein vermutlich terroristischer Anschlag mitten in der Hauptstadt Südkoreas, und er, der vom Management wegen Betrügereien und Glücksspiel abgesägt wurde und nun Frondienste leisten muss als Radiomoderator wittert sie, endlich die Chance, den alten Posten wieder zu ergattern. Und darum gilt nun: schnell sein, Hemd wechseln, Trinken, Anzug glätten, Krawatte binden, Stimme runterkriegen, Trinken, Verhandeln mit dem Chef, Exklusivrechte einfordern, Schreien, Hetzen, nur noch 12 Sekunden bis zur Sendung. So funktioniert dieser Film, in dem dann ein kriminalistischer Aspekt greift: denn der plötzliche Anrufer bei ihm, Live im Studio, hat ihn zum Gesprächs- und Verhandlungspartner bestimmt. Und dessen Forderung ist zugleich so einfach und so scheinbar unmöglich einzulösen (und, ja: moralisch gerecht ist das auch irgendwie): eine öffentliche, über den Sender getätigte Entschuldigung des Präsidenten des Landes für die Brückenbauer, die beim Bau eben jener Brücke ums Leben kamen.
Live ist allerdings der Film auch selbst, als Simulation, der eineinhalb Stunden in real time abläuft. Erzählzeit und erzählte Zeit fallen in eins, der Zuschauer begleitet Yoon durch diese knapp zwei Stunden seines Lebens. Soll eine intensivere Teilhabe simulieren, und ein schnelles Heranrücken an den Protagonisten - was nur bedingt funktioniert, da Moderator Yoon nicht gerade ein Sympath ist, getrieben von egoistischen Machtgefühlen und der Ausschlachterei von Ereignissen, deren menschliche Schicksale ihm egal sind. Hier hat die Nachricht einen Wert, und er will sie so teuer wie möglich verkaufen.
Der dritte Aspekt des Films ist das Setting, hoch oben im Studio des Wolkenkratzers. Dieses wird während des Films nie verlassen, allenfalls schaut man mit der Kamera nach draußen auf die Großstadt - und am Ende gibt es ein paar Außenaufnahmen, des Spektakels wegen. Eine klaustrophobische Atmosphäre wie etwa in Pontypool (2008) von Bruce McDonald aber stellt sich nicht wirklich ein, dafür sind die Glasfronten zu helle Durchlässe, die mit Equipment vollgestellten Gänge im Studio zu wenig hinderlich. Eher ist es der psychologische Aspekt, der ihn zum Thriller werden lässt: Yoon im komplexen Gefüge eines kapitalistischen Marktes, bei dem Sekunden über Erfolg und Misserfolg entscheiden. Wenn der Film ganz am Ende schließlich noch zum Katastrophenfilm mutiert, so hat er sich im letzten Akt eindeutig übernommen. Hier wird der Terror dann wieder ausgelagert auf die Superlative des Eventkinos, die den psychologischen Ziselierungen in den Rücken fallen. Ha Jung-woo (The Yellow Sea, The Chaser) freilich spielt wieder ganz ausgezeichnet und die Zuschauer dankten es mit dem Kauf von Kinokarten. Ein Sommer-Blockbuster in Korea, und einer der fünfzig erfolgreichsten Filme an der Kinokasse seines Landes.
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