Direkt zum Hauptbereich

The Betrayal / Daisatsujin orochi (Tokuzo Tanaka, Japan 1966)


Herr Tanaka soll ja auch immer wieder einen ungemeinen Trash fabriziert haben; etwa mit THE GIRL WITH THE BAMBOO LEAVES (1969), in dem die Heldin gestandene Samurai mit entgegengepeitschten, scharfkantigen Bambusblättern zerschneidet. Denn: was sind schon geschmiedete Schwerter gegen Bambusblätter!

Nun denn, THE BETRAYAL ist Chambara auf ernst, und jedenfalls: enorm gelungen. Raizo Ichikawa spielt einen noch jungen, etwas naiven, Samurai kurz vor der Heirat, der dummerweise die Schuld einer Tötung auf sich nimmt um die Ehre des Clans zu retten. Er geht also stellvertretend ins Exil - der wahre Schurke ist der Sohn des Clanbosses - mit der Aussicht, in einem Jahr zurückkehren zu können, und seine Geliebte (Shiho Fujimura) zu trauen. Da hat er sich ordentlich geschnitten (!.., ja ja), denn letztendlich wird er gejagt und für immer ein Gejagter bleiben; die Turns und Twists werde ich nicht verraten, aber sie sind ungeheuerlich. Das Finale ist ein besonderer Augenschmaus: denn das, ja das ist ein Schlachthaus, wie es selten gesehen ward. Ichikawas Charakter wächst über sich selbst hinaus und behauptet sich gegen eine Überzahl an Gegnern, bis daß er selbst zusammenbricht. Eine Szene bleibt besonders im Gedächtnis: seine schwerthaltende Hand hat sich über die langen und harten Kämpfe so sehr verkrampft, daß er, als sein eigenes Schwert bricht, dieses nicht mehr loslassen kann. Er muß sich die Finger mit seiner Linken einzeln aufbiegen. Solche Details machen einen Film natürlich sehr eindrucksvoll.
Zur tragischen Handlung gesellen sich Chishi Makiuras famose Bilder in s/w und ein sehr langsamer, fast andächtiger Schnitt. Selbst in den Kampfszenen hat man eine verblüffend statische Kamera. Doch gibt sie nur der kongenialen Choreographie und dem Bildarrangement den gebührenden Raum. Der sehr zurückhaltende Score von Akira Ifukube weiß in seiner Eleganz zu begeistern - das ist wirklich meisterlich, wie er sich auf den Film einläßt und ihn zugleich auf ein höheres Level hebt.

Kurz gesagt: für Liebhaber des Genres absoluteste Pflicht. Und by the way: Tanaka war assistant director bei RASHOMON und UGETSU MONOGATARI. Eine gute Ausbildung ist manchmal vielleicht doch nicht schlecht. Ein umwerfender Film.

Beliebte Posts aus diesem Blog

Abschied

Micha hat diesen Blog fast 15 Jahre mit großer Leidenschaft geführt. Seine Liebe zum asiatischen Kino hat ihn in dieser Zeit in Kontakt mit ganz unterschiedlichen Menschen gebracht. Viele von euch waren ihm, wenn auch nicht räumlich, so doch gedanklich und emotional sehr nah. Jetzt ist er am 30.12.2021 zuhause in Bonn gestorben. Ich habe mich entschlossen, Michas Schneeland-Blog auch in Zukunft nicht offline zu stellen. So können Interessierte weiterhin all die klugen, detailgenauen und begeisternden Gedanken zum asiatischen Kino nachlesen, die er über die Jahre festgehalten hat.  Neben seinem Blog hatte Micha 2021 noch ein neues Projekt aufgenommen: Gemeinsam mit der Videokünstlerin Sandra Ehlen und Thomas Laufersweiler von SchönerDenken hatte er begonnen, in einem Podcast das filmische Werk von Keisuke Kinoshita zu besprechen. 25 Beiträge sind so bis zu Michas Tod im Dezember noch entstanden. Alle zwei Wochen erscheint nun eine Folge dieser Kinoshita-Reihe. V ielleicht eine sc...

Eighteen Years, to the Sea / 十八歳、海へ (Toshiya Fujita, Japan 1979)

 Toshiya Fujita (Regisseur von z.B. den LADY SNOWBLOOD-Filmen oder STRAY CAT ROCK: WILD JUMBO ) liefert hier einen typischen japanischen End-70er-Jahre Genrebeitrag ab, in dem sich "Junge Wilde" in ihrem ganzen übersatten Ennui dermaßen anöden, dass sie auch mal dieses Ding mit dem Doppel-Liebestod ausprobieren wollen. Existenziellere Nöte gibt es kaum, sie sind sogar in ihrer Abschlußklasse ganz vorne auf der Liste. Die Eltern haben alle Geld, aber man kann es sich leisten, es nicht annehmen zu wollen.  Also geht man in Kamakura ins Meer, legt sich mit einer Bikergang an, nimmt Schlaftabletten (aber immer nur eine) und erhängt sich zum Spaß mit einem Seil, das schon ganz verrottet ist und auf jeden Fall reißt.  Ansonsten gibt es viel unbeholfenen Sex, der schnell in Gewalt ausartet, einmal auch in eine (fürs Genre obligatorische) Vergewaltigung, an deren Ende das Opfer den Täter sogar noch bittet, sich zukünftig um die Schwester zu kümmern.  Es ist alles wunderbar a...

Thittam Irandu (2021) ‘திட்டம் இரண்டு’ Directed by Vignesh Karthik

Thittam Irandu is a south Indian Tamil police procedural mixed with a nice love story that turns sour as the female detective investigates in a murder case and consecutively digs into the life of her new boyfriend . It is a very dark and atmospheric police procedural, with a hefty overstuffed script - but also with too many fade outs and accumulated scenes that make it almost impossible to find an organic flow in the long  run. It's getting quite annoying as it loses its 'natural rhythm' further down the road, if there's anything like that in filmmaking. Thittam Irandu could have been a lot better aswell with a little more effort especially in the sound department for there are endless repetitions of filler music. Wouldn't have been bad if it took care of the endless plot meanderings at the end aswell. But, there's good acting throughout, so I won't complain too much. Thittam Irandu is enjoyable for most of the running time, even though it starts to dra...