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Snapshot Shorts Vol. 4

End Of Love Simon Chung, HK/China 2009 / Verzaubert Filmfestival

Fantastische Aufnahmen aus den Hochhausschluchten Hongkongs eröffnen einen sehr sehr traurigen Film über den 22jährigen Ming und seinen Freund Yan, eine Beziehung, die sich über die Zeit von etwa zwei Jahren hinzieht und durch Höhen und Tiefen geht, konkret: Drogenrausch und Prostitution, Entzug und neue Freundschaften, ein Aufbäumen und ein neuerliches vor den Hund kommen. Dabei alles geerdet und nie ins Skandalon überhöht, aber konzentriert und emotional auf den Punkt inszeniert. Wahnsinnig toller Gitarrenscore. Wahnsinnig traurig. Groß.



The Midnight Meat Train
Ryuhei Kitamura, USA 2008

Ausgezeichneter Terrorizer, der nicht den Fehler begeht, gegen Ende alles Geschehen in einem rationalisierenden Twist aufzulösen, sondern im Gegenteil selbstbewußt in der vorgelegten Marschroute noch eine Schippe drauflegt. Hat mir bis auf kleinere überzeichnete Ausrutscher (Augenszene) hervorragend gefallen, insbesondere auch der Soundtrack und die kalt-blauen U-Bahn-Bilder. So sieht heutzutage das Tor zur Unterwelt aus: kalt gefließt, Neonlicht und Überwachungskameras.


Kokaku kidotai / Ghost in the Shell Mamoru Oshii, Japan 1995

Äußerst komplexer, weil vielschichtiger Animeklassiker. Selbst mehrfache Sichtungen bringen nur partiell Übersicht. Das Problem scheint mir zu sein, daß einen jedesmal die Bilder wegreißen, sobald die Handlung zu komplex wird. Gerne läßt man das zu in der Hoffnung, plotmäßig wieder einsteigen zu können. Das mißlang mir bisher jedesmal. Und nie habe ich das als Defizit empfunden. Schön auch, wie kompakt der Film trotzdem wirkt. Nach gut 80 min. ist alles vorbei und man könnte direkt von vorn beginnen. Die Komplexität der Bilder ist schier unglaublich, auch die Kamerawinkel atemberaubend. Wenn man Lust hat, kann man die eine Fluchtsequenz durch die sich auftürmenden, architektonisch stark geschachtelten Gebäude des Armenviertels mal mit der verfallenen Stadt aus RE-CYCLE vergleichen. Das haben die Pangs 1:1 abgekupfert, äh, zitiert. Immer wieder toll.

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Tora-san: Our Lovable Tramp / Otoko wa tsurai yo / Tora-San 1 (Yoji Yamada, Japan 1969)

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Abschied

Micha hat diesen Blog fast 15 Jahre mit großer Leidenschaft geführt. Seine Liebe zum asiatischen Kino hat ihn in dieser Zeit in Kontakt mit ganz unterschiedlichen Menschen gebracht. Viele von euch waren ihm, wenn auch nicht räumlich, so doch gedanklich und emotional sehr nah. Jetzt ist er am 30.12.2021 zuhause in Bonn gestorben. Ich habe mich entschlossen, Michas Schneeland-Blog auch in Zukunft nicht offline zu stellen. So können Interessierte weiterhin all die klugen, detailgenauen und begeisternden Gedanken zum asiatischen Kino nachlesen, die er über die Jahre festgehalten hat.  Neben seinem Blog hatte Micha 2021 noch ein neues Projekt aufgenommen: Gemeinsam mit der Videokünstlerin Sandra Ehlen und Thomas Laufersweiler von SchönerDenken hatte er begonnen, in einem Podcast das filmische Werk von Keisuke Kinoshita zu besprechen. 25 Beiträge sind so bis zu Michas Tod im Dezember noch entstanden. Alle zwei Wochen erscheint nun eine Folge dieser Kinoshita-Reihe. V ielleicht eine sc...

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