Direkt zum Hauptbereich

Vibrator / Vaibureta (Ryuichi Hiroki, Japan 2003)



Die hübsche Rei versorgt sich eines Nachts mit Alkohol in einem Supermarkt - dort sieht sie Okabe, den jungen Mann mit Gummistiefeln und den blondierten Haaren. Sie kann den Blick nicht mehr von ihm lassen, und folgt ihm, einem plötzlichen Instinkt folgend, auf den Parkplatz hinaus, bis zu seinen Lastwagen und dann weit weg auf einem mehrtägigen Trip von Tokyo nach Niigata an der westlichen Nordseite Honshus.

Pinku-Eiga - Experte Hiroki legt hier zwei Filme nach dem bahnbrechenden TOKYO TRASH BABY (2000) ein gesellschaftskritisches Drama zur Lage der japanischen Jugend vor. Nachdem die vaterlose Generation durch die schwerstarbeitenden Familienoberhäupter in ein sinnentleerte Existenz gestoßen wurden, schlagen sie sich orientierungslos durch das Leben: als Freelance-Journalistin und als anstellungsloser Lastwagenfahrer. Zwei freeita-Jobber ohne gesicherte Existenz, stellvertretend für Japans lost generation. Daß Hiroki die Suchenden auf ein Roadmovie schickt - in den Zustand des permanenten Übergangs - ist konsequent: es gibt für sie kein Ankommen an einem Ziel, nur Station des Transits. Auf der Fahrt aber entwickeln die Protagonisten nach und nach Zuneigung zueinander und sie nähern sich auch körperlich an. Sexszenen gibt es dann einige, die von einer sehr schönen zurückgezogenen Intimität zeugen. Der Titel des Filmes spielt als Allegorie freilich nicht auf irgendein Sexspielzeug an, sondern auf das Aufrütteln der Individuen, das sich Vörwärts-Bewegen an sich: vom vibrierenden Handy in der Brusttasche zum bewegten Herzen der Liebe - zum ständig laufenden Lastwagen bis zur schließlich ausgeübten Sexualität - ein befreiendes Moment.

Das punkige Feeling des Filmes wird durch das existenziell bedrohliche Drama ausbalanciert und verbindet so zwei gegensätzliche Pole, zwischen denen es sich orientiert: zwischen der Freiheit und dem Gefangensein. Zudem camoufliert es sich vordergründig als romantisches Liebesdrama, wodurch sicherlich auch nochmal einige emotionale Rezeptoren anschlagen dürften. Die koreanische Special-Edition ist sehr schön und kommt mit Soundtrack-CD. Feine Edition und ein wichtiger Film.

***

Beliebte Posts aus diesem Blog

Abschied

Micha hat diesen Blog fast 15 Jahre mit großer Leidenschaft geführt. Seine Liebe zum asiatischen Kino hat ihn in dieser Zeit in Kontakt mit ganz unterschiedlichen Menschen gebracht. Viele von euch waren ihm, wenn auch nicht räumlich, so doch gedanklich und emotional sehr nah. Jetzt ist er am 30.12.2021 zuhause in Bonn gestorben. Ich habe mich entschlossen, Michas Schneeland-Blog auch in Zukunft nicht offline zu stellen. So können Interessierte weiterhin all die klugen, detailgenauen und begeisternden Gedanken zum asiatischen Kino nachlesen, die er über die Jahre festgehalten hat.  Neben seinem Blog hatte Micha 2021 noch ein neues Projekt aufgenommen: Gemeinsam mit der Videokünstlerin Sandra Ehlen und Thomas Laufersweiler von SchönerDenken hatte er begonnen, in einem Podcast das filmische Werk von Keisuke Kinoshita zu besprechen. 25 Beiträge sind so bis zu Michas Tod im Dezember noch entstanden. Alle zwei Wochen erscheint nun eine Folge dieser Kinoshita-Reihe. V ielleicht eine sc...

House Owner (2019) ‘ஹவுஸ் ஓனர்’ (directed by Lakshmi Ramakrishnan)

 Während der Regenzeit in Chennai geht ein zurückgezogen lebendes, älteres Ehepaar durch turbulente Zeiten. Anstatt sich den Lebensabend zu versüßen, sind sie in einer endlosen Spirale der Beziehungshölle gefangen - und zwar deswegen, weil der Ehemann an Alzheimer erkrankt ist. In dieser schwierigen Situation managt die Ehefrau den gesamten Haushalt - aber nicht nur das. Sie kümmert sich freilich um alles und erträgt auch die ruppige Art des ehemaligen Armeegenerals, der sich seiner eigenen Krankheit nicht bewußt ist. Die Schärfe in der Stimme, den ehemaligen Kasernenhof-Ton, hat er leider aber nicht vergessen.    Sriranjini ist dann auch die heimliche Protagonistin und generell die Hauptfigur in diesem aufs Nötigste reduzierten Drama, die alles überstrahlt - und sie meistert die Rolle großartig. Immer wieder bricht der Film aus der aktuellen Zeitschiene aus und springt hinüber auf eine andere, vergangene. Sie zeigt, wie es früher war. Wie sich die beiden kennenlernten...

Thittam Irandu (2021) ‘திட்டம் இரண்டு’ Directed by Vignesh Karthik

Thittam Irandu is a south Indian Tamil police procedural mixed with a nice love story that turns sour as the female detective investigates in a murder case and consecutively digs into the life of her new boyfriend . It is a very dark and atmospheric police procedural, with a hefty overstuffed script - but also with too many fade outs and accumulated scenes that make it almost impossible to find an organic flow in the long  run. It's getting quite annoying as it loses its 'natural rhythm' further down the road, if there's anything like that in filmmaking. Thittam Irandu could have been a lot better aswell with a little more effort especially in the sound department for there are endless repetitions of filler music. Wouldn't have been bad if it took care of the endless plot meanderings at the end aswell. But, there's good acting throughout, so I won't complain too much. Thittam Irandu is enjoyable for most of the running time, even though it starts to dra...