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The River / He Liu (Tsai Ming-liang, Taiwan 1997)


Mitten in Taipei trifft Hsiao-Kang (Lee Kang-sheng) eine alte Freundin wieder, die ihn zu einem Filmset mitnimmt. Dort wird er von der Regisseurin (Ann Hui) entdeckt, die eine Rolle für ihn hat. Er soll sich kopfüber in den dreckigen Danshui River legen und eine treibende Leiche spielen. Anschließend geht er mit der Bekannten in ein Hotel um sich zu waschen, die beiden schlafen mit einander. Dann fährt er auf seinem Motorroller nach Hause, wobei er auf der Fahrt Nackenschmerzen bekommt, die im Verlauf des Films immer schlimmer werden. Während sein Vater gegen das von der Decke tropfende Wasser in seinem Schlafzimmer ankämpf und die Mutter zu ihrem Liebhaber, einem VHS-Raubkopierer, geht, dreht sich der Film darum, wie Hsiao-Kang mit dem Vater verschiedene Ärzte und Heilpraltiker aufsucht, um die Genickschmerzen zu heilen. In einem Badehaus, das von den Männern auch als Love-Hotel genutzt wird, machen sie eindrückliche sexuelle Erfahrungen.

THE RIVER ist der mittlere Teil einer informellen Trilogie Tsais, die mit REBELS OF THE NEON GOD (1992) beginnt, und mit WHAT TIME IS IT THERE? (2001) endet. Er teilt sich mit ihnen die Familienstruktur, den Schauplatz natürlich, und die Darsteller. Lee Kang-sheng ist allerdings bekanntlich in allen Filmen Tsais anzutreffen - er ist dessen Stammschauspieler (eigene Regiearbeiten: HELP ME EROS, THE MISSING).

Der Film zeichnet sich vor allem durch seine strenge inhaltliche und formale Verknüpfung aus. Themen wie Einsamkeit, Kommunikationsunfähigkeit, und familiäre Entfremdung werden zu einem beinah dialoglosen Film gebündelt, der in ruhigen Einstellungen, langsamem Schnitt und mit einer oft statischen Kamera sein Thema ins Bild setzt. Die Figuren wirken wie Einzelgänger, die, jeder in seinem Kokon aus Isolation und Stille, durch eine urbane Metropole ziehen, und ihre Vereinsamung akzeptiert haben. Das drückt sich nicht zuletzt im Ausleben ihrer sexuellen Bedürfnisse aus, die ihrerseits wieder in anonymen Zusammentreffen in semiöffentlichen Räumen stattfinden und vor allem durch ihre Verfügbarkeit gekennzeichnet sind. Interessanterweise wird dieser Sex aber mit einer großen Zärtlichkeit dargestellt und einer Intimität, die von großer Sehnsucht zeugt und einem Aufgehen im Moment. Die körperliche Nähe strahlt Erotik aus, Bewußtheit, und signalisiert ein Fallenlassen im ansonsten emotional distanzierten Alltag - und erlangt gerade dadurch eine kontroverse Schönheit.

Freude und Lebenslust finden sich sonst zumeist nur in kürzesten Momenten, etwa bei der befreienden Motorradfahrt. Dennoch wirkt der Film nicht tonnenschwer und bedeutungsschwanger: vielmehr wird er von einer beinah alltäglichen Trauer beflügelt, der ihn wie von leichter Hand dahingleiten lässt. Ein Film, in den man sich "hinein sehen" kann und mit dem man eine Zeit lang mitdriftet.

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