In VIVE L'AMMOUR geht es um drei einsame Großstädter in Taipei, die immer wieder in einer leerstehenden Wohnung aufeinander treffen: die Maklerin Mei (Yang Kuei-mei), die Luxuswohnungen an den Mann bringt und dabei einmal den Schlüssel vergißt abzuziehen; um den Urnenverkäufer Hsiao-kang (Lee Kang-sheng), der eben diesen Schlüssel stiehlt, und um den Straßenhändler Ah-jung (Chen Chao-jung), den momentanen Liebhaber Meis.
Nach der ersten Sichtung würde ich festhalten: weniger fordernd, weniger einprägsam, weniger erinnerungsträchtig als THE RIVER (1997). Auch weniger dicht, was Motivstrukturierungen innerhalb des Fims angeht - THE RIVER zeigt sich da dann doch als sehr komplex gefüllter thematischer wie visueller Kosmos.
Wieder sind die Themen die urbane Entfremdung, die Einsamkeit des Individuums, die Sprachlosigkeit, und Distanz. Die visuellen Mittel, weniger poetisch als in THE RIVER, sind nüchterner und einfacher eingesetzt, werden von spärlichen Dialogen begleitet, mit statische Kamera, Stille. Außerdem läßt sich eine Tendenz zu einem extrem trockenen Humor erkennen, der sich immer wieder in Kleinigkeiten äußert. Manchesmal liest man sogar von "Slapstick" - soweit würde ich nicht gehen, die Körperbetontheit ist aber jedenfalls offenkundig. Besonders deutlich wird diese Körperfokussierung auch im Liebesgeplänkel von Mei und Ah-jung. In einer fantastischen Szene, in der sie sich in einem Schnellrestaurant kennenlernen (?), sprachlos, versteht sich, umschwärmen sie sich in einer großen Flanierbewegung in ein erotisches Begehren hinein. Anschließend kommt es zu Intimitäten, ohne ein Wort miteinander gewechselt zu haben.
So darf der Titel zweifellos als zynischer Kommentar gelesen werden, in der selbst die Protagonisten von Liebesbeziehungen weder ihren Zustand der verzweifelten Isolation durchbrechen, noch in der Lage scheinen, etwas am Zustand ihres Kommunikationsdefizits ändern zu können. Die letzte lange Sequenz, in der Mei erst über schlammigen Baugrund läuft, dann entlang einer Zubringerstraße, darf nicht nur als sozio-kultureller Kommentar zur Lage des Landes gelesen, sondern auch als Metapher für den trostlosen, desolaten emotionalen Zustand seiner Bevölkerung interpretiert werden.