Direkt zum Hauptbereich

New Type: Tada ai no tame ni (Ryuichi Hiroki, Japan 2008)



Eine junge Frau mit Augenklappe, die einen eintönigen Alltag in einem kleinen Nest an der Küste Japans herumzubringen hat, wird eines Abends von einem fremden Mann mit schwarzem Mantel und Hut im eigenen Haus überfallen. Doch der Mann sucht lediglich Schutz, ist am Bein verwundet. Sie kümmert sich dann um den Verletzten, und bald stellt sich heraus, dass der Mann ein recht attraktiver Zeitgenosse ist und dazu noch über eine Superkraft verfügt: er kann Energie abschießen und Dinge zum Explodieren bringen. Da zeigt sich, dass die Protagonistin ebenfalls über eine solche geheime Kraft verfügt: sie kann die Zeit zurückdrehen und den Ereignissen eine andere Richtung geben. Dies hat sie bereits einmal getan um den geliebten Freund nach einem tödlichen Unfall zu retten. Nun aber hat sie ihn getroffen, der zu ihrer Augenbinde komplementär eine ebensolche an seinem Bein trägt. Doch dieser unbekannte Mann wird von merkwürdigen Gangstern verfolgt...

Was sich irre anhört, entfaltet sich erst langsam im Film. Hirokis NEW TYPE: JUST FOR YOUR LOVE beginnt nämlich zunächst wie ein stilles (Jugend-) Drama, das im Alltag der Protagonisten das Besondere findet. Es ist beinahe nüchtern, unkünstlerisch gedreht, und hat gerade dadurch eine sehr einnehmende Stimmung, die einem die Figuren nahe bringt. Dass der Film nun ein camouflierter Superheldenfilm ist, ändert den Ton überraschenderweise überhaupt nicht. Es ist einfach zu akzeptieren, dass das nun so ist, und der Film macht kein Aufhebens davon. Das ist zunächst verstörend und dann aber doch sehr schnell sehr toll, da man doch vom Getöse ähnlich gelagerten Rabaukenkinos aus den USA sehr weit entfernt ist (und bei dem dann alles immer schnell sehr laut, explosiv und gewalttätig wird). Bei Hiroki wird die Form des Alltagsdramas nicht verlassen und gerade deswegen ist das so faszinierend. 

Die eine oder andere dramaturgische Länge verhindert dann im zweiten Teil leider die völlige Begeisterung, obwohl eigentlich sehr viel passiert. Es kommt eine neue Figur hinzu, die Ereignisse der Vergangenheit klären sich, und die Brisanz des Konflikts mit den Verfolgern nimmt stetig zu. Aber das Mysteriöse verlässt eben auch zunehmend den Film. Die Erklärungen und Aufdeckungen stehen im Fokus der Erzählung, das Offene verliert sich. Dadurch rundet sich der Film, keine Frage, die Ereignisse stehen aber nun im Dienste einer Logik, die man hier vielleicht gar nicht so sehr schätzt. Wie üblich bei diesen Dramen gibt es auch einige Fahrten mit dem Fahrrad und einsame Momente am Strand. Dazu schöne Indie-Musik. Na ja, der Film muss auch eine Zielgruppe ansprechen. Empfehlen kann man ihn dennoch, keine Frage. Und in Aya Omasa, die hier die Yuri spielt, kann man sich verlieben. Sie spielt schon sehr toll.

***

Beliebte Posts aus diesem Blog

Abschied

Micha hat diesen Blog fast 15 Jahre mit großer Leidenschaft geführt. Seine Liebe zum asiatischen Kino hat ihn in dieser Zeit in Kontakt mit ganz unterschiedlichen Menschen gebracht. Viele von euch waren ihm, wenn auch nicht räumlich, so doch gedanklich und emotional sehr nah. Jetzt ist er am 30.12.2021 zuhause in Bonn gestorben. Ich habe mich entschlossen, Michas Schneeland-Blog auch in Zukunft nicht offline zu stellen. So können Interessierte weiterhin all die klugen, detailgenauen und begeisternden Gedanken zum asiatischen Kino nachlesen, die er über die Jahre festgehalten hat.  Neben seinem Blog hatte Micha 2021 noch ein neues Projekt aufgenommen: Gemeinsam mit der Videokünstlerin Sandra Ehlen und Thomas Laufersweiler von SchönerDenken hatte er begonnen, in einem Podcast das filmische Werk von Keisuke Kinoshita zu besprechen. 25 Beiträge sind so bis zu Michas Tod im Dezember noch entstanden. Alle zwei Wochen erscheint nun eine Folge dieser Kinoshita-Reihe. V ielleicht eine sc...

House Owner (2019) ‘ஹவுஸ் ஓனர்’ (directed by Lakshmi Ramakrishnan)

 Während der Regenzeit in Chennai geht ein zurückgezogen lebendes, älteres Ehepaar durch turbulente Zeiten. Anstatt sich den Lebensabend zu versüßen, sind sie in einer endlosen Spirale der Beziehungshölle gefangen - und zwar deswegen, weil der Ehemann an Alzheimer erkrankt ist. In dieser schwierigen Situation managt die Ehefrau den gesamten Haushalt - aber nicht nur das. Sie kümmert sich freilich um alles und erträgt auch die ruppige Art des ehemaligen Armeegenerals, der sich seiner eigenen Krankheit nicht bewußt ist. Die Schärfe in der Stimme, den ehemaligen Kasernenhof-Ton, hat er leider aber nicht vergessen.    Sriranjini ist dann auch die heimliche Protagonistin und generell die Hauptfigur in diesem aufs Nötigste reduzierten Drama, die alles überstrahlt - und sie meistert die Rolle großartig. Immer wieder bricht der Film aus der aktuellen Zeitschiene aus und springt hinüber auf eine andere, vergangene. Sie zeigt, wie es früher war. Wie sich die beiden kennenlernten...

Eighteen Years, to the Sea / 十八歳、海へ (Toshiya Fujita, Japan 1979)

 Toshiya Fujita (Regisseur von z.B. den LADY SNOWBLOOD-Filmen oder STRAY CAT ROCK: WILD JUMBO ) liefert hier einen typischen japanischen End-70er-Jahre Genrebeitrag ab, in dem sich "Junge Wilde" in ihrem ganzen übersatten Ennui dermaßen anöden, dass sie auch mal dieses Ding mit dem Doppel-Liebestod ausprobieren wollen. Existenziellere Nöte gibt es kaum, sie sind sogar in ihrer Abschlußklasse ganz vorne auf der Liste. Die Eltern haben alle Geld, aber man kann es sich leisten, es nicht annehmen zu wollen.  Also geht man in Kamakura ins Meer, legt sich mit einer Bikergang an, nimmt Schlaftabletten (aber immer nur eine) und erhängt sich zum Spaß mit einem Seil, das schon ganz verrottet ist und auf jeden Fall reißt.  Ansonsten gibt es viel unbeholfenen Sex, der schnell in Gewalt ausartet, einmal auch in eine (fürs Genre obligatorische) Vergewaltigung, an deren Ende das Opfer den Täter sogar noch bittet, sich zukünftig um die Schwester zu kümmern.  Es ist alles wunderbar a...