Man kann Assassination Classroom jedenfalls nicht vorwerfen, es würde nichts passieren! Nach der Sichtung fühlte ich mich wie nach einem Schleudergang in der Waschmaschine. Es ist einfach irre viel und irre schnell, was und wieviel hier passiert. Und geredet wird auch permanent, man kommt also mit dem Untertitellesen kaum nach. Ein Film für eine junge Manga-Generation, die ihren gelben außerirdischen Smiley-Helden auch in der Live-Action-Filmversion erleben will. Und ein Erlebnis ist es definitiv. Leider ist das alles auch ein bisschen Fast Food-Kino: Ist geil und haut gut rein, der Nährwert hält sich aber in Grenzen. Da ist der Film ganz ähnlich wie die Gantz- oder die Death Note-Reihe, dabei ohne ganz so sympathisch zu werden, wie die letztgenannte. Sehr gut gemacht, viel Aufwand, viel Worldbuilding, viel Technik. Und total konstruiert, zweiter Teil schon längst geplant. Keiner bekommt Zeit zum Atmen. Der Film rückt einem unheimlich dicht auf die Pelle, man fühlt sich in ein System gepresst.
Die Aliens haben ein Stück aus dem Mond herausgebissen (deswegen der Halbmond) und rasen auf die Erde zu. In ein paar Wochen werden sie auch diese zerstören, wenn nicht die in Ungnade gefallenen Schüler eines Elitegymnasiums, die Schüler der Klasse E-3, es in der Zwischenzeit schaffen, dem Alien das Handwerk zu legen. Also: ihn zu töten. Ausbildung zum Assassinen. Das Problem dabei: das gelbe Ding ist extrem flink (Mach 20), intelligent, und abgeschlagene gelbe Tentakel wachsen sehr schnell nach. Außerdem kann es seinen Körper transformieren und sich in neue Formen verwandeln, wodurch es quasi unmöglich ist, es einzufangen. Plötzlich stellt sich aber heraus, dass es auch ein ziemlich guter Lehrer ist, und je besser die kleinen Killer werden, desto weniger wollen sie es tatsächlich umbringen. Sie geben ihm auch einen Namen: er ist der Koro-sensei, der tödliche, grausame Lehrer. Doch eine Wahl haben sie wohl nicht.
Die Schüler der "Kunugigaoka Junior High School" setzen also erstmal alles daran, sich für den Kampf fit zu machen. Dabei kommt es freilich auch zu Konflikten, Mobbing, Liebeleien. Es gibt Unterstützung von einer blonden Profikillerin mit großer Oberweite und langen Beinen, und auch eine neue Schülerin in Form eines Roboters tritt auf den Plan. Aus ihren Armen wachsen Schnellfeuergewehre, die einem John Rambo gut stehen würden - und die man sich auch in einem Takashi Miike-Film vorstellen könnte. Es wird also geballert und gefightet, was das Zeug hält. Leider dann auch so viel, dass sich Ermüdung und Ödnis einstellt. Der Film wird irgendwann sehr episodisch, durchläuft eine Trainingscamp-Etappe, ein nächtliches Stelldichein im Frauenbadehaus, immer wieder neue, kreative Versuche, Korosensei zu töten, und bald treten üble Typen auf den Plan, die immer nur Schreien, herausfordernd Kaugummi kauen und Armeehosen tragen. Das große Problem an der Sache: unter den Schülern bildet sich keine richtige Hauptfigur heraus, die als Sympathieträger gelten könnte. Anders als zum Beispiel im Manga, wo gleich zu Beginn der schüchterne Schüler Nagisa Shiota im Zentrum steht. Der Film fokussiert sich mehr schlecht als recht auf drei bis vier Hauptcharaktere, ohne dass sie durch eine eigene Persönlichkeit wirklich greifbar werden würden. Das ist sehr schade, denn so fehlt die wirkliche Sympathiefigur, die einen auch emotional ins Geschehen hineinziehen würde.
Letztendlich habe ich den wilden Ritt, so anstrengend er war, doch auch sehr genossen: für seine völlig konsequente Durchgedrehtheit, seine Rasanz, seine technische Perfektion und die campigen Mädcheninternatszitate. Ein wenig coming-of-age, ein wenig japanische Provinz, ein wenig katastrophale globale Weltpolitik. Wie menschliche Zuneigung Verbindungen schafft und doch auf ein völlig rücksichtsloses, wenn auch noch so süßes, tödliches Gegenüber trifft. Eine ziemlich unfassbare Manga-Quirkyness ist das, und am Ende gilt eben immer noch:
KILL YOUR TEACHER!!!
Michael Schleeh
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