Diese post-bubble economy Loser-Ballade ist ziemlich erstaunlich, da es sich bei ihr nicht um eine klassische coming of age story handelt, wie man erwarten könnte, sondern um die Geschichte zweier berufsjugendlicher junger Männer zwischen 30 und 40 Jahren, die mit den Anforderungen des Erwachsenenlebens nicht zurecht kommen (und somit einen Film wie Momoko Andos 0.5mm präludiert). Besonders der zurückhaltende und melancholische Horaguchi (Arata Iura) lässt sich von den Erinnerungen an die längst vergangenen Collegezeiten leiten, und bekommt sein Leben nicht auf die Reihe. Da beschließt er, einfach bei seinem ehemals besten Freund Okawa (Yosuke Kubozuka) vorbei zu gehen, und an die Freundschaft wieder anzuknüpfen. Der hat aber zunächst wenig Interesse daran, fühlt sich überrumpelt, und sowieso bedrängt. Er selbst steckt in einer merkwürdigen Beziehung zu seiner Freundin Kaede, die eher wie eine normale Mitbewohnerin wirkt, und weiß mit seinem Leben nichts anzufangen. Als freeita-Jobber verdient er ein wenig Knete in einem Izakaya-Imbiss - und als ihn die ehemalige Klassenkameradin Kyoko darauf anspricht, das habe er schon zu Studentenzeiten getan, da fühlt er einen gesellschaftlichen Rechtfertigungsdruck auf sich lasten, der auch nicht verfliegt, als er meint, er könne vielleicht bald Manager werden.
Kurz darauf unternehmen die vier, die eigentlich nichts mehr miteinander zu tun haben, einen Ausflug ans Meer, um Okawas selbstgeschnitzten Bumerang fliegen zu lassen und um gemeinsam das titelgebende Sukiyaki zu essen. Und auf diesem Ausflug, der zu einer weiteren Übernachtung führt, haben sie alle recht viel Spaß. Kurz vor 40 merken sie, dass das Leben bedrückend freudlos geworden ist und sie alle ziemlich einsam sind - und die Gesellschaft der anderen genießen. Einen Gefühlsausbruch à la amerikanischem Vorbild darf man hier aber nicht erwarten, wir sind schließlich in Japan. Nur am Abend, nach einem Bad und etlichen Flaschen Sake, lockert sich die Stimmung und kurz ist so etwas wie Euphorie bemerkbar. Die Beziehungsverhältnisse bleiben aber undefiniert: am nächsten Morgen geht es zwar bestärkt weiter, aber hier ist niemand niemandes bester Freund. Auch wenn sich neue Möglichkeiten eröffnet haben, so sind die Bindungen, die einmal bestanden haben, nicht mehr gültig. Ob sich etwas Neues, ähnlich Starkes auftut wie damals, ist unklar. Und außer Horaguchi verspürt das vielleicht auch keiner so notwendig.
The Extreme Sukiyaki ist eine zurückhaltend erzählte low key-Loser-Komödie, die im Alltag beginnt und nach einer kurzen Eruption wieder im Alltag endet. Dass die Frustrationen gravierende Folgen haben können, markiert die recht schockierende Rahmenhandlung (aber auch die ist ganz unspektakulär inszeniert), die sich immer wieder als Binnenerzählung in die Geschichte hinein drängt. Was das genau ist, soll hier nicht gespoilert werden, es ist aber Trigger und movens des Plots zugleich und grundiert den Film mit einer Ernsthaftigkeit, die ihm die nötige Reibung an der Gesellschaftsnorm, letztlich das nötige Gewicht verleiht, um keine belanglose Erzählung zu werden. Der Film hatte im November 2013 einen Kinostart in Japan und lief ansonsten nur noch beim Japan Cuts Festival 2014 in New York, das von der Japan Society organisiert wird und vor allem zeitgenössisches japanisches Kino zeigt. Auf DVD ist er lediglich als Japan-Import (ohne englische Untertitel) verfügbar.
Michael Schleeh
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