Direkt zum Hauptbereich

Cowboy Bebop - The Movie (Shinichiro Watanabe, Japan 2001)

In einer fernen Zukunft hat die Menschheit eine gesellschaftlich hybride Megalopolis auf dem Mars erschaffen. Der Terrorist Vincent versucht jedoch mit Hilfe eines Krankheiterregers die Menschheit auszurotten. Ein Grüppchen Kopfgeldjäger um den Helden Spike macht sich daran, ihn zu fangen um die Belohnung zu kassieren.



Ein utopischer Anime als Großstadtwestern, so vielleicht eine Kurzcharakterisierung. Ich mußte natürlich auch an EIN TRIO MIT VIER FÄUSTEN denken, das Team hier aufgepeppt mit einer großbusigen, schnellfeuernden Schönheit. Der Film bietet liebevolle Charakterzeichnungen und fulminante Actionsequenzen (Hochbahn-Szene), dazu ein funkiger Score aus Bebop, Jazz, Breakbeat und Klassik: sehr toll das alles. Im Vergleich aber zu heutigen Standards, Hintergrundtexturen etwa (TEKKONKINKREET sei genannt), wirkt er etwas passé, aber das stört ja nicht.



Sehr deutlich wird der Westernkontext des Films: die Prärie ist die Stadt, das Pferd die motorisierten Fortbewegungsmittel, usw. usf. Er bildet den Hintergrund für die gebrochenen Helden, die Gutes nur um des Geldes willen tun. Lichtgestalten gibt es hier nur bedingt. Die Opposition Gut-Böse hat sich in COWBOY (!) aufgelöst, jedoch nicht die klassische konfrontative Standardsituation im Western per se: das Duell Mann gegen Mann. Im Film gibt es mehrere solcher Szenen.
Die Verweise und komplexen Schichtungen der Bedeutungsebenen des Films kulminieren immer wieder in prächtigen Szenen, etwa wenn einer der Bösen beim Videospiel gefasst wird und die Heldin ihn in die Realität zurückholen muß, indem sie ihm den Bildschirm zerschießt. Klar, er beschwert sich erstmal, daß sie ihm den Highscore versaut hat.
In einer weiteren Szene befinden sich die Personen in einem Drive-In Kino: es läuft ein klassischer Western, der Zuschauer sieht aus dem Auto heraus aus der Perspektive der Charaktere eine Duellszene. Und am Ende reitet der Cowboy in den Sonnenuntergang.



COWBOY BEBOP ist ein spannender und actiongeladener, futuristisch-utopischer Großstadtwestern, der trotz seiner komplexen Topoi nicht überkonstruiert wirkt und eine gelungene Balance aus Unterhaltung und Brainfood bietet.

Beliebte Posts aus diesem Blog

Abschied

Micha hat diesen Blog fast 15 Jahre mit großer Leidenschaft geführt. Seine Liebe zum asiatischen Kino hat ihn in dieser Zeit in Kontakt mit ganz unterschiedlichen Menschen gebracht. Viele von euch waren ihm, wenn auch nicht räumlich, so doch gedanklich und emotional sehr nah. Jetzt ist er am 30.12.2021 zuhause in Bonn gestorben. Ich habe mich entschlossen, Michas Schneeland-Blog auch in Zukunft nicht offline zu stellen. So können Interessierte weiterhin all die klugen, detailgenauen und begeisternden Gedanken zum asiatischen Kino nachlesen, die er über die Jahre festgehalten hat.  Neben seinem Blog hatte Micha 2021 noch ein neues Projekt aufgenommen: Gemeinsam mit der Videokünstlerin Sandra Ehlen und Thomas Laufersweiler von SchönerDenken hatte er begonnen, in einem Podcast das filmische Werk von Keisuke Kinoshita zu besprechen. 25 Beiträge sind so bis zu Michas Tod im Dezember noch entstanden. Alle zwei Wochen erscheint nun eine Folge dieser Kinoshita-Reihe. V ielleicht eine sc...

Eighteen Years, to the Sea / 十八歳、海へ (Toshiya Fujita, Japan 1979)

 Toshiya Fujita (Regisseur von z.B. den LADY SNOWBLOOD-Filmen oder STRAY CAT ROCK: WILD JUMBO ) liefert hier einen typischen japanischen End-70er-Jahre Genrebeitrag ab, in dem sich "Junge Wilde" in ihrem ganzen übersatten Ennui dermaßen anöden, dass sie auch mal dieses Ding mit dem Doppel-Liebestod ausprobieren wollen. Existenziellere Nöte gibt es kaum, sie sind sogar in ihrer Abschlußklasse ganz vorne auf der Liste. Die Eltern haben alle Geld, aber man kann es sich leisten, es nicht annehmen zu wollen.  Also geht man in Kamakura ins Meer, legt sich mit einer Bikergang an, nimmt Schlaftabletten (aber immer nur eine) und erhängt sich zum Spaß mit einem Seil, das schon ganz verrottet ist und auf jeden Fall reißt.  Ansonsten gibt es viel unbeholfenen Sex, der schnell in Gewalt ausartet, einmal auch in eine (fürs Genre obligatorische) Vergewaltigung, an deren Ende das Opfer den Täter sogar noch bittet, sich zukünftig um die Schwester zu kümmern.  Es ist alles wunderbar a...

Thittam Irandu (2021) ‘திட்டம் இரண்டு’ Directed by Vignesh Karthik

Thittam Irandu is a south Indian Tamil police procedural mixed with a nice love story that turns sour as the female detective investigates in a murder case and consecutively digs into the life of her new boyfriend . It is a very dark and atmospheric police procedural, with a hefty overstuffed script - but also with too many fade outs and accumulated scenes that make it almost impossible to find an organic flow in the long  run. It's getting quite annoying as it loses its 'natural rhythm' further down the road, if there's anything like that in filmmaking. Thittam Irandu could have been a lot better aswell with a little more effort especially in the sound department for there are endless repetitions of filler music. Wouldn't have been bad if it took care of the endless plot meanderings at the end aswell. But, there's good acting throughout, so I won't complain too much. Thittam Irandu is enjoyable for most of the running time, even though it starts to dra...