Der Arm mit der Kamera ragt aus dem Leichenberg heraus - eine Szene, die hier auf dem Plakat satirisch überhöht dargestellt wird und eigentlich vom Ende des Filmes stammt. Dazu im Hintergrund: ein Blitz aus den Wolken, eine Szene ganz vom Beginn des Films, in der der Protagonist (ein Möchtegern-Regisseur) vor einem Gewitter davonrennt, nachdem er erkannt hat, was er wirklich und mit aller Leidenschaft sein will: ein Filmemacher. Der Blitz, der Funken, schlägt sinnbildlich in die Kamera ein. Why Don't You Play In Hell? ist also neben seiner Liebes- und Yakuzageschichte auch ein augenzwinkernder Film über das Filmemachen, das Filmevorführen, den 35mm-Fetisch, den Kinobesuch. Über inszeniertes, für kurze Zeit "geborgtes" Leben.
Denn die Liebesgeschichte zwischen dem Tölpel Koji im grünen Ringelshirt (Gen Hoshino) und der stahlharten Yakuza-Tochter Michiko (Fumi Nikaido) mit angeschrägter Frisur und Bombastbustier, die früher einmal mit einem Fernsehspot für Zahnpasta den Figuren im Film einen lebenslangen Ohrwurm bescherte und der sie bis in die Gegenwart verfolgt, ist zunächst eine lediglich befristete Angelegenheit. Die Partnerschaft wird erkauft, weil man sie braucht. Einmal um den Vater zu täuschen, ein andermal um die Zweisamkeit zu verlängern, die keine mehr ist. Paradoxerweise entsteht gerade da urplötzlich Zuneigung zwischen den Figuren.
Die eigentlichen Hauptfiguren aber sind der Möchtegern- bzw. Independent-Regisseur "Director Harata" (Hiroki Hasegawa) und der Gangsterboss Muto (Jun Kunimura), die beide mit ihren Darstellungen den Film dominieren. Hasegawa mit seiner ans Durchdrehen grenzenden Euphorie des völlig in seiner Bestimmung aufgehenden Regisseurs (und vermutlich das alter ego des jungen Sion Sono), als auch Kunimura, der als wandlungsfähigster Darsteller des Ensembles den verblüfften, liebvollen Familienvater genauso überzeugend rüberbringt, wie auch den im Overacting völlig aufgehenden, bellenden Yakuzaboss, der mit jeder Geste und jedem Augenzucken die gesamte Geschichte des japanischen Gangsterfilms herauf zu beschwören vermag.
Aber vor allem natürlich die realistischen Gangsterfilme Kinji Fukasakus. Denn Why Don't You Play In Hell? ist vor allem eine große, auch ironische Verbeugung vor dem Meister und den so genannten jitsuroku-Filmen von Fukasaku, der Anfang bis Mitte der 1970er Jahre mit seinem dokumentarischen Anspruch die berühmte Yakuza-Reihe Battles Without Honor and Humanity inszenierte. Die ihrerseits wiederum auf tatsächlichen Bandenkriegen in Hiroshima basierte - mit echten Gangstern im Cast. Was bei Kinji Fukasaku aber zu bitterbösen, völlig verstörenden und ultrabrutalen Reißern wurde, gerät bei Sion Sono immer wieder zu hysterisch überdrehtem Popkorn-Kino. Schön allerdings ist ihm die Meta-Initiationsszene gelungen, in der die jungen Filmemacher, die sich selbst die Fuck Bombers nennen, in einer Seitengasse auf den stark blutenden und taumelnden Yakuza Ikegami (Shinichi Tsutsumi) treffen, der gerade ein kleines Gemetzel hinter sich hat. Da sehen sie ihre Chance, einen echten, realistischen Gangsterfilm zu drehen. Und halten die Kamera drauf.
Der Film ist formal ein kaum verschachtelter Rückblick. Ein Erzähler, der Regisseur, erzählt die Ereignisse, wie sie sich vor zehn Jahren zugetragen hatten, und wie sich nun daraus die aktuelle Situation entspinnen konnte. Die Zeitsprünge sind nicht immer klar gekennzeichnet, da die Figuren natürlich dieselben sind und sich zumeist wenig markant durch Äußerlichkeiten unterscheiden. Das Tempo des Films ist generell hoch und dennoch zieht er sich nach einem furiosen Auftakt im zweiten Drittel ziemlich, kurz bevor ein blutrünstiges Finale das klassische japanische Wohnhaus, die Zentrale des verfeindeten Ikegami-Clans, in ein Schlachthaus verwandelt. Dieses Finale allerdings ist wiederum Teil eines Filmdrehs, da Boss Muto seiner Frau, die gerade zehn Jahre im Knast verbrachte, versprochen hatte, ihre Tochter zu einem Filmstar zu machen und sie in einem Spielfilm auftreten zu lassen. Ob diese letzte große Schlacht, in der die Gliedmaßen durch die Luft fliegen und die Blutfontänen die weißen Papierwände blutrot färben, echt ist oder nicht, das soll hier nicht verraten werden. Why Don't You Play In Hell? ist jedenfalls ein ziemliches Spektakel. Allerdings, möglicherweise, ein ziemlich selbstreferentielles, das sich in seinen Überdrehtheiten zu erschöpfen scheint.
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