Direkt zum Hauptbereich

Zero Tolerance (Wych Kaosayananda, Thailand 2015)


Die beiden ehemaligen Kumpels Johnny und Peter von der Spezialeinheit (jetzt: turned Cops) sind auf der Suche nach dem Mörder von Johnnys Tochter Angel. Bangkok ist ein Dschungel, es ist heiß, die Frauen sind ziemlich nackt, man bewegt sich zwischen Tempeln auf dem Chao Praya, der Kaosan Road und der Patpong. Dort, wo sich die Damen im Schwarzlicht um die Poledance-Stange winden und die Touristen sich in schmierige Sexabenteuer stürzen. Johnny macht dann ziemlich schnell kurzen Prozess mit dem Geschmeiß und zieht eine Blutspur hinter sich her. Die führt bald zum Drogen- und Frauenhändler Steven (Scott Adkins), der ernsthaft behauptet, sehr in Angel verliebt gewesen zu sein. Johnny glaubt ihm das freilich nicht.

Die Auflösung, die am Ende in einem Flashback nachgereicht wird, ist dann tatsächlich erstaunlich unspektakulär - und auch glaubhaft. Und man fragt sich, warum für diese dummen Leute tatsächlich so viele Menschen sterben mussten. Aber die Vergänglichkeit ist nunmal das große philosophische Thema dieses Film, auf zynische Art freilich, es ist allein das Sterben und der angedeutete Sex, der den Zuschauer bei der Stange hält. Die Deformierung der Körper, der martialische Zweikampf, den man in einem Adkins-Film erwarten würde, bekommt man hier nun aber gerade nicht. Vielmehr ist es ein immer wieder erstaunlich schön gefilmter Großstadtfilm, der sich dummerweise darauf eingelassen hat, ein Actionfilm zu sein. Denn die Action ist ein ziemlich unsägliches Debakel. Die paar wenigen Kämpfe sind sehr unspektakulär inszeniert, amateurhaft geradezu; die Shoot-Outs, etwa in den Rotlichtbars, sind zwar nachvollziehbar, aber ohne Rafinesse, ohne Ideen, ohne das Besondere, das man in einem solchen Film bräuchte, um aus der Masse der B-Movies herauszustechen. Aber weit gefehlt, das bekommt man hier nicht. ZERO TOLERANCE scheint sich selbst innerhalb der eng gesetzten Genre-Grenzen permanent willentlich einzuschränken. Nur Peter (gespielt von Sahajat Boonthanakit (auch im viel besseren SKIN TRADE und in ONLY GOD FORGIVES)), der Bangkok-Cop, kann mit seiner ruhigen und souveränen Art wirklich überzeugen. Allein, der Film fordert die anderen Akteure nun auch nicht gerade über Gebühr, weshalb der Film zumindest auf dieser Ebene recht harmonisch wirkt. Hier wäre mit einem engagierteren und mutigeren Regisseur doch insgesamt viel mehr drin gewesen, hätte man sich nicht so sehr auf die Abbildung von Klischees beschränkt.

ZERO TOLERANCE erscheint diese Woche am 11.02.2016 bei Tiberius Film im Handel - als DVD, Blu-Ray, Blu-Ray 3D und als limitiertes Blu-Ray Steelbook, das grafisch am schönsten ausschaut. Die Ausstattung scheint überall dieselbe zu sein: Film + Trailer, keine Extras. Eine deutsche Synchro liegt in dreifacher Abmischung vor, sowie anscheinend ein englischer Ton (?). Thailändischer O-Ton scheint jedoch nicht vorzuliegen. Untertitel gibt es auf deutsch. Merkwürdigerweise sind einige Passagen des Films nicht synchronisiert worden und sind demnach auf Thai, was das Herz des O-Ton-Liebhabers gleich höher schlagen lässt. Diese Passagen sind alle deutsch untertitelt. Die VÖ ist FSK 16, der Film 86 Minuten lang. Zur Rezension stand  der Film als Streaming zur Verfügung (der Film erscheint auch Digital), die Bildqualität ist ausgezeichnet.

Michael Schleeh

***

Beliebte Posts aus diesem Blog

Abschied

Micha hat diesen Blog fast 15 Jahre mit großer Leidenschaft geführt. Seine Liebe zum asiatischen Kino hat ihn in dieser Zeit in Kontakt mit ganz unterschiedlichen Menschen gebracht. Viele von euch waren ihm, wenn auch nicht räumlich, so doch gedanklich und emotional sehr nah. Jetzt ist er am 30.12.2021 zuhause in Bonn gestorben. Ich habe mich entschlossen, Michas Schneeland-Blog auch in Zukunft nicht offline zu stellen. So können Interessierte weiterhin all die klugen, detailgenauen und begeisternden Gedanken zum asiatischen Kino nachlesen, die er über die Jahre festgehalten hat.  Neben seinem Blog hatte Micha 2021 noch ein neues Projekt aufgenommen: Gemeinsam mit der Videokünstlerin Sandra Ehlen und Thomas Laufersweiler von SchönerDenken hatte er begonnen, in einem Podcast das filmische Werk von Keisuke Kinoshita zu besprechen. 25 Beiträge sind so bis zu Michas Tod im Dezember noch entstanden. Alle zwei Wochen erscheint nun eine Folge dieser Kinoshita-Reihe. V ielleicht eine sc...

Angry Youth in Bleak Japan: ROAR (Ryo Katayama, Japan 2019) ~ Japan Cuts online edition

Two different storylines intertwine in this hard-hitting debut from Japanese director Ryo Katayama. Which doesn't mean that it's a good film per se, but impressive on different levels nevertheless. It is a bleak world, Katayama depicts. Emotionally detached characters stumble through a Japan which is very much the opposite of the delicate and exotic Japan we know from the JTO or the Lonely Planet. Here, everybody is wounded, mentally or physically. People are violent and angry - some turn their anger against themselves. ROAR is a typical first timer fantasy: extreme, rough, disturbing, alienating, depressing, very bleak, and a little too artsy in all its overlong silent scenes. We do understand: the director is an auteur, who loves slow cinema and so he tries to implement this aspect into ROAR aswell. Which doesn't work so well, as the there's not really an overall arc of suspension that keeps everything together. My mind did start to drift off and I had problems with k...

Shady Grove (Shinji Aoyama, Japan 1999)

You never think of anyone but yourself!    Although quite far from Aoyama's meditations on guns & violence in his earlier work, SHADY GROVE as a romantic drama still feels weird and alien from minute one. It's one of those awkward films in colour and tone which make you really uncomfortable and clearly state that human interaction is deficient, because people from "the big city" are made from cement. Especially when they are company people working for big firms. They do have a life and loved ones at home, but that's just meaningless words in an environment of cold-hearted company politics and career decisions.  But Aoyama's film is not really focussing on the salaryman's side, but has its female protagonist in the center of attention. It's an anti-romantic drama filled with troubles, silence, and angst. Which makes it even more devastating.  Basically SHADY GROVE is about two love-stories that never come to realization because of t...