[this entry is part of the Japanese Film Blogathon 2010]
Der gewissenlose Ronin Ryunosuke Tsukue ermordet völlig grundlos am Daibosatsu Toge, auf dem Bodhisattva Pass, einen alten Mann. Die Nichte des Getöteten, die ihn begleitet hatte, überlebt, da sie just in diesem Moment Wasser holen gegangen war. Ein vorbeikommender Händler nimmt das junge, aufgelöste Mädchen in seine Obhut, welches ein Leben lang auf Rache sinnen wird.
Wie in Kihachi Okamotos SWORD OF DOOM (1966) wird auch hier - und noch vor diesem - die subversive Geschichte eines seelenlosen Killers erzählt (genauer: „des“ Killers, dem zur Ikone erstarrten Prototypen des nihilisten Killers), der in einem Strudel der Gewalt nicht nur gegen die Prinzipien der Samurai verstößt sondern sich zugleich gegen die feudalen Herrschaftsstrukturen der Zeit auflehnt. Beide Filme nutzen dieselbe literarische Vorlage: Kaizan Nakazatos großvolumiges, 41-bändiges Epos desselben Namens.
Das schlägt sich in beiden Filmen auf die Narration nieder, denn beide setzen sich aus einzelnen Szenen zusammen, die nur lose miteinander verbunden sind – bei Uchida wird das ganz besonders deutlich, da diese Abfolge in endlos sich aneinanderreihenden und auf Dauer enervierenden Auf- und Abblenden gestaltet wird. In manchen Bildarrangements sind die beiden Filme sogar erstaunlich deckungsgleich und man darf sicherlich mutmaßen, inwiefern sich Okamato bei den Bildern Uchidas bedient hat. Der Beginn sei exemplarisch als Beispiel genannt, oder auch insbesondere die berühmte Szene, in der Ryunosuke im Wald seine Gegener niedergemetztelt am Boden liegen läßt und den Ort des Blutvergießens auf dem schmalen Pfad gen Bildhintergrund davonschreitend verläßt.
Auf filmästhetischer Seite allerdings sind die beiden Umsetzungen weit voneinander entfernt: wo Uchidas in Farbe gedrehtes period piece auf formaler Ebene in der Wahl seiner stilistischen Mittel beinahe einem klassischen jidai-geki und Chambara-Exponat gleicht, ist Okamotos schwarz/weiße Bildsprache deutlich nihilistischer und dem Film Noir entlehnt; wo Uchidas Ronin ein in sich ruhender, souveräner und dabei grausamer Killer ist (der zum Beweis seiner Schwertkunst die Meister verschiedener Schulen herausfordert), stellt der Ryunosuke Okamotos – dargestellt vom großartigen Tatsuya Nakadai – eine in die Leere blickende, seelenlose und entmenschlichte Killermaschine ohne Gewissen dar. Erscheint Uchidas Protagonist noch als „Bösewicht“ mit menschlichen Zügen, so ist Okamotos Anti-Held mit solchen Kategorien gar nicht mehr beizukommen – er ist ein fremder Planet, der sich zufällig in unsere Galaxie verirrt hat.
Bedauerlicherweise ist es aber auch Uchida nicht daran gelegen, den Zuschauer stärker ins Geschehen einzubinden. Da eine Identifikationsfigur fehlt (man empfindet allenfalls Mitleid mit den in regelmäßigen Abständen gequälten Frauenfiguren) will keine rechte Nähe zustandekommen und auf der Suche nach Andockmöglichkeiten erschöpft und verausgabt sich der Rezipient nach und nach, bis dass er merkt, dass ihn diese Geschichte eigentlich nicht wirklich etwas angeht. Okamoto hat mit denselben Problemen zu kämpfen, doch hat dieser einen funkelnden Kristall geschaffen, der so stark leuchtet, dass man nicht davon lassen kann, ihn gebannt anzustarren. Insbesondere das Ende des okamotoschen Films, welches keines ist, da die geplanten Fortsetzungen nie realisiert wurden, hat sich im Nachhinein als Qualitätsmerkmal erwiesen. Denn so wird der Protagonist Okamotos mit dem offenen Ende in eine ungewisse Zukunft entlassen, in ene Welt, in der er weiter ortlos herumziehen wird, heumgetrieben, jenseits der Normen der Gesellschaft. Uchidas Film hingegen ist geschlossen und kommt zu einem Ende im Tode Ryunosuke Tsukues, der von der Strömung des Flusses davongerissen wird. Er beschließt den Film mit einem „herkömmlichen“, dramatischen Finale.
Trotz seiner Schwächen ist SOULS IN THE MOONLIGHT ein über weite Strecken unterhaltender Film, der mit einigen schönen Einstellungen und feinen Studiosets punkten kann. Jedoch: die radikalere Bildsprache und den faszinierenderen Schauspieler lassen Okamotos SWORD OF DOOM nicht nur zum beeindruckenderen Film, sondern auch zum wirkmächtigeren Kommentar einer sich in Auflösung befindenden Epoche werden.
Der gewissenlose Ronin Ryunosuke Tsukue ermordet völlig grundlos am Daibosatsu Toge, auf dem Bodhisattva Pass, einen alten Mann. Die Nichte des Getöteten, die ihn begleitet hatte, überlebt, da sie just in diesem Moment Wasser holen gegangen war. Ein vorbeikommender Händler nimmt das junge, aufgelöste Mädchen in seine Obhut, welches ein Leben lang auf Rache sinnen wird.
Wie in Kihachi Okamotos SWORD OF DOOM (1966) wird auch hier - und noch vor diesem - die subversive Geschichte eines seelenlosen Killers erzählt (genauer: „des“ Killers, dem zur Ikone erstarrten Prototypen des nihilisten Killers), der in einem Strudel der Gewalt nicht nur gegen die Prinzipien der Samurai verstößt sondern sich zugleich gegen die feudalen Herrschaftsstrukturen der Zeit auflehnt. Beide Filme nutzen dieselbe literarische Vorlage: Kaizan Nakazatos großvolumiges, 41-bändiges Epos desselben Namens.
Das schlägt sich in beiden Filmen auf die Narration nieder, denn beide setzen sich aus einzelnen Szenen zusammen, die nur lose miteinander verbunden sind – bei Uchida wird das ganz besonders deutlich, da diese Abfolge in endlos sich aneinanderreihenden und auf Dauer enervierenden Auf- und Abblenden gestaltet wird. In manchen Bildarrangements sind die beiden Filme sogar erstaunlich deckungsgleich und man darf sicherlich mutmaßen, inwiefern sich Okamato bei den Bildern Uchidas bedient hat. Der Beginn sei exemplarisch als Beispiel genannt, oder auch insbesondere die berühmte Szene, in der Ryunosuke im Wald seine Gegener niedergemetztelt am Boden liegen läßt und den Ort des Blutvergießens auf dem schmalen Pfad gen Bildhintergrund davonschreitend verläßt.
Auf filmästhetischer Seite allerdings sind die beiden Umsetzungen weit voneinander entfernt: wo Uchidas in Farbe gedrehtes period piece auf formaler Ebene in der Wahl seiner stilistischen Mittel beinahe einem klassischen jidai-geki und Chambara-Exponat gleicht, ist Okamotos schwarz/weiße Bildsprache deutlich nihilistischer und dem Film Noir entlehnt; wo Uchidas Ronin ein in sich ruhender, souveräner und dabei grausamer Killer ist (der zum Beweis seiner Schwertkunst die Meister verschiedener Schulen herausfordert), stellt der Ryunosuke Okamotos – dargestellt vom großartigen Tatsuya Nakadai – eine in die Leere blickende, seelenlose und entmenschlichte Killermaschine ohne Gewissen dar. Erscheint Uchidas Protagonist noch als „Bösewicht“ mit menschlichen Zügen, so ist Okamotos Anti-Held mit solchen Kategorien gar nicht mehr beizukommen – er ist ein fremder Planet, der sich zufällig in unsere Galaxie verirrt hat.
Bedauerlicherweise ist es aber auch Uchida nicht daran gelegen, den Zuschauer stärker ins Geschehen einzubinden. Da eine Identifikationsfigur fehlt (man empfindet allenfalls Mitleid mit den in regelmäßigen Abständen gequälten Frauenfiguren) will keine rechte Nähe zustandekommen und auf der Suche nach Andockmöglichkeiten erschöpft und verausgabt sich der Rezipient nach und nach, bis dass er merkt, dass ihn diese Geschichte eigentlich nicht wirklich etwas angeht. Okamoto hat mit denselben Problemen zu kämpfen, doch hat dieser einen funkelnden Kristall geschaffen, der so stark leuchtet, dass man nicht davon lassen kann, ihn gebannt anzustarren. Insbesondere das Ende des okamotoschen Films, welches keines ist, da die geplanten Fortsetzungen nie realisiert wurden, hat sich im Nachhinein als Qualitätsmerkmal erwiesen. Denn so wird der Protagonist Okamotos mit dem offenen Ende in eine ungewisse Zukunft entlassen, in ene Welt, in der er weiter ortlos herumziehen wird, heumgetrieben, jenseits der Normen der Gesellschaft. Uchidas Film hingegen ist geschlossen und kommt zu einem Ende im Tode Ryunosuke Tsukues, der von der Strömung des Flusses davongerissen wird. Er beschließt den Film mit einem „herkömmlichen“, dramatischen Finale.
Trotz seiner Schwächen ist SOULS IN THE MOONLIGHT ein über weite Strecken unterhaltender Film, der mit einigen schönen Einstellungen und feinen Studiosets punkten kann. Jedoch: die radikalere Bildsprache und den faszinierenderen Schauspieler lassen Okamotos SWORD OF DOOM nicht nur zum beeindruckenderen Film, sondern auch zum wirkmächtigeren Kommentar einer sich in Auflösung befindenden Epoche werden.