"I am just a street thug with no skills whatsoever!" (Doo-soo)
Der Straßendieb Jo Doo-soo (Shin Seong-il) lebt in einem ärmlichen Stadtviertel und erledigt niedrige Jobs für einen lokalen Bandenchef. Bei einem Auftrag gerät er in einen Raubübefall: ein paar Gauner beklauen und bedrängen zwei unschuldige Mädchen auf ihrem Weg durch die Stadt. Doo-Soo geht dazwischen und sieht sich plötzlich mit den Anführer in einen Messerkampf verwickelt. Er kann ihn zwar besiegen, wird dabei aber selbst verwundet. Als anschließend eines der Mädchen zu einem Krankenbesuch vorbeikommt um sich für die Hilfe persönlich zu bedanken, scheinen sich die beiden auf Anhieb sehr gut zu verstehen. Doo-soo und die Diplomatentochter Joanna (Eom Aeng-ran) verlieben sich schließlich in einander und müssen sich gegen die Anfeindungen der Umwelt durchsetzen - sowohl was die Gangsterorganisation betrifft, der er angehört (sein Boss sieht aus wie ein koreanischer Edward G. Robinson), als auch gegen die Zurückweisungen der Eltern Joannas und die Ausschlußmechanismen der reichen Oberschicht.
Das Thema der sozialen Schichten ist also domiant in diesem Film: die problematische Liebe eines Mannes aus der Unterschicht zu einer Frau, die der Aristokratie zugehörig ist. Daran knüpft fast zwangsläufig ein Generationenproblem an ("generation gap"), das zwischen den konservativen Eltern und den modernen Jugendlichen, die nach ihrer Freiheit und Unabhängigkeit streben. Dennoch ist BAREFOOTED YOUTH, der übrigens wie ein Gangsterfilm beginnt, kein schwermütiges Drama, sondern ein recht amüsanter Genre-mash-up, der sich auch bei der Komödie bedient. So pendelt der Film hauptsächlich zwischen zwei Polen, einmal recht pessimistisch-düster mit für die Protagonisten scheinbar unüberwindbaren Schranken innerhalb eines verkrusteten Systems im Angesicht einer ökonomisch prekären Lage, und andererseits einer positiven Euphorie, wenn die junge Generation ebendiese Barrieren zu überwinden und hinter sich zu lassen sucht.
Am Ende des Filmes, wo dann das Drama immer mehr ins Melodrama kippt, findet sich eine wunderbar kitschige Szene in einem Stall, wo es zur einzigen körperlichen Annäherung der beiden kommt: einem kurzen aber leidenschaftlichen Kuss, von außen durch das Fenster in den Innenraum hinein gefilmt - und die Münder begegnen sich, für den Zuschauer gerade nicht zu sehen, genau im Fensterkreuz. Und ganz am Ende, da das Paar keinen Ausweg weiß, kommt es tatsächlich zu einem Doppelselbstmord aus Liebe. Es gab wohl einige Probleme, den Film durch die Zensurstelle zu bekommen.
THE BAREFOOTED YOUTH (resp. THE BAREFOOTED YOUNG) läßt sich dem Genre des "adolescent film" zuzählen, das in den 60ern in Korea sehr beliebt war. Kim Ki-deok, einer der führenden Regisseure des golden age des südkoreanischen Kinos (etwa 1956-1970, trotz einer politisch schwierigen Zeit und massiver Eingriffe durch die Regierung nach einer kurzen Phase der relativen Freiheit um 1960 (etwa die Etablierung des "Motion Picture Law" von 1962)) hat in seiner Karriere insgesamt über 60 Filme gemacht. Bei uns ist er leider so gut wie völlig unbekannt.
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