Season of Terror / Gendai kosyokuden: teroru no kisetsu / Geschichte einer zeitgenössischen Liebe: Zeit des Terrors (Kôji Wakamatsu, Japan 1969)
Der linksextreme Student und Revoluzzer Hikoya (Ken Yoshizawa) hat dem militanten Dasein abgeschworen - in einer Hochhaussiedlung lebt er anonym in einer kleinen Wohnung mit zwei hübschen Frauen in einer Dreierbeziehung zusammen. Da die beiden arbeiten gehen, kann Hikoya den ganzen Tag faul herumliegen, Bier trinken, mal einen Spaziergang machen. Abends dann lässt er sich bekochen und den Schnaps einschenken. Wenn es ihm beliebt, vergnügt er sich mit den beiden Mädels Miyoko (Yuko Ejima) und Chieko (Tomomi Sahara) - sie werden vom sexhungrigen Hikoya auch in dieser Hinsicht relativ ausgiebig beansprucht. Zur selben Zeit nisten sich im Wohnblock gegenüber zwei Polizisten ein, die den ehemaligen Untergrundkämpfer beschatten. In dessen Wohnzimmer konnte eine Wanze angebracht werden, wodurch sie alles, was in der Wohnung vor sich geht, mitverfolgen können. Doch scheinbar bringt das Abhören nichts: Hikoya plant nichts Verdächtiges.
Es entstehen wunderbar skurrile Situationen in diesem wieder deutlich politisch orientierten Pinkfilm Wakamatsus, wenn die beiden Polizisten völlig entnervt den Verlustierungen des Beschatteten beiwohnen müssen, und das immer wieder und auf's Neue, während sie selbst ohne Schlaf, mit schlechtem Essen und unter Aufgabe jeden Privatlebens immer bereit zum Agieren sein müssen. Der schwarz-weiße Film beginnt mit schnell aneinander montierten Szenen der studentischen Revolte, mit Zeitungsausschnitten und Schlagzeilen, Megaphondurchsagen und Straßenkrieg, bevor er direkt in das ruhige Wohnviertel springt, in dem sich Hikoya zurückgezogen hat. Auch ein Besucher aus alten Tagen, der Hikoyas Gesinnung ausspionieren will, blitzt bei ihm ab: wo er denn seinen Marx und Trotzki und die "Pariser Kommune" gelassen habe, fragt dieser herausfordernd, schon deutlich betrunken. Doch Hikoya wiegelt ab, damit habe er nichts mehr zu tun. Und wie zur Bestätigung gibt es am Ende eine Sexszen in Farbe, in der die japanische und amerikanische Flagge splitscreenartig überblendet werden, während er mit den beiden Mädchen schläft.
Überhaupt sind die Sexszenen recht attraktiv gefilmt, freilich ohne etwas genau zu zeigen außer ein paar Oberweiten, Beine und Schenkel. Doch lässt die Kamera, die im Zweifelsfall den Bildausschnitt eben etwas näher an die Haut verlegt, keinen Zweifel darüber, wer was in welcher Stellung gerade treibt. Das ist bisweilen dann sogar recht explizit, lustig und kontrovers vielleicht, wenn sich die beiden Mädels über einen Küchentisch beugen und er sie, im Rhythmus der Musik alle zwei Takte das Hinterteil wechselnd, beschläft.
Dass die beiden Polizisten am Ende das Überwachen satt haben, ist allzu verständlich. Hätten sie nur etwas länger gewartet und auf die politischen Ereignisse geachtet. Denn Hikoya ist keineswegs ein fauler Taugenichts. Die Tage des Müßigganges waren sein Abschied von einer Welt, die er mit einer spektakulären Tat zu verlassen gedenkt. In einer umwerfend schön inszenierten Autofahrt durch Tokyo, unterlegt von einer traurig-elegischen Musik, begibt er sich zum Flughafen, um seinen letzten Dienst für die Revolution auszuführen.