Ein Film, der eigentlich aus drei
Erzählsträngen besteht, und die ineinander übergleiten. Unterteilt
in Kapitel mit Titeln wie Arme Menschen, Amphetamin, und Grenzgänger.
Independent-Regisseur Midi Zs zweite Feature-Filmarbeit gibt einen
sehr eindrücklichen, privaten, und detailscharfen Einblick in die
Leben seiner Protagonisten, die im Dreieck Thailand, China, und Burma
(Myanmar) auf der Suche nach einem ebensolchen besseren sind. In
einer der Geschichten wird ein junges Mädchen verkauft, damit die
Familie überleben kann, und die in Bangkok irgendwelchen Leuten
„zuarbeiten“ soll. In einer anderen geht es um einen
thailändischen Fremdenführer, der, so nonchalant er ist, auch
dunkle Geschäfte im Sinn hat. Und der in einer weiteren Geschichte
sich als Drogenimporteur profiliert. Oder als Menschenschlepper auf
dem Motorrad. „I got three jobs“, sagt er an einer Stelle –
auch er muss sich also durchschlagen. Jedenfalls, und das ist das
Besondere am Film, geht es nicht um die „Opfer“, um die
Verschleppten und Ausgebeuteten, wie es im Arthouse-Kino zu vermuten
stünde (die kommen nur als Randfiguren vor), sondern um die
Kriminellen selbst. Und dies auf eine Weise, die nun wirklich etwas
Neues ist: auch ihr Leben wird nicht als das der Täter diffamiert,
sondern als eines, das sich in einem Geflecht aus Frustrationen,
Verzweiflung, Zukunftsängsten und Abhängigkeiten von irgendwelchen
Berufsgangstern aufspannt. Als eines derjenigen, die ein klein wenig
Glück nachjagen, und das zumeist vergeblich. Die moralische Crux
dabei ist freilich die, dass sie das auf Kosten anderer Menschen tun.
Eine der Protagonistinnen ist die junge
Chinesin San-mei, die sich im Grenzort Daqui aufhält, und dort seit
drei Jahren auf einen Paß wartet (oder ein Visum (nach Taiwan?) – ganz habe ich
das nicht verstanden), der ihr von einem Unterweltmenschen in Bangkok
besorgt werden soll. Aber sie wartet vergeblich und soll, dies die
Bezahlung, immer nochmal einen weiteren Flüchtling als Schlepper
über die Grenze führen. Durchaus auch mal jemanden, der das nicht
will, so wie oben erwähntes, verkauftes Mädchen. So langsam dämmert
es ihr, dass sie für den Boss zu wertvoll ist, um die ID jemals zu
bekommen und ist eigentlich, hinter ihrer Maske, völlig verzweifelt.
Auch sie ist also jemand, der aus ökonomischen Zwängen handelt (und
über einen Mangel an Skrupel verfügt), und der in einem Stadium des
Übergangs gefangen ist. Eine Ortlose, ohne Zuhause, und ein
unerreichbares Ziel vor Augen. So wird sie portraitiert in ihrem
Alltag, beim Schwatzen, beim Essen – überhaupt dieses
immerwährende Essen in diesem Film, ganz so, als wolle man sich des
eigenen Am-Leben-Seins versichern – beim Rumhängen,
Zeittotschlagen und Telephonieren. In freilich verwackelten
Handkamerabildern gefilmt, dicht dran an den Figuren, das
Spektakuläre unspektakulär präsentierend, so befindet sich der
Film auf der Höhe des mit dokumentarischen Absichten gedrehten
Arthouse- und Festival-Kinos, und kann also weniger ästhetisch, als
durch seine Einblicke in eine unbekannte Welt überzeugen.
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