Direkt zum Hauptbereich

Go Goa Gone (Raj Nidimoru & Krishna D.K., Indien 2013)


Auch in Indien rollt nun seit einiger Zeit verstärkt die Zombiewelle an - mit etwas Verspätung zwar, aber direkt auf durchaus internationalem Niveau. Interessant ist vor allem, wie nun vielerorts sofort abgewunken wird, ganz so, als ob das Bollywood nicht zugestanden werden dürfe, seine eigene Zombiekultur zu entwickeln. Aber anstatt sich auf die eigenen cine-kulturellen Traditionen zu besinnen, auf ein also durchaus reiches Erbe mit breitem Spektrum von spirituell Übersinnlichem bis hin zu immer wieder hanebüchenster Horrorfilmkultur (Ramsay-Brüder, Son of Dracula und derlei Delikatessen), schielt man nun hier direkt nach Amerika, um vermutlich ein junges Publikum ebendort abzuholen, wo es gerne sein würde: in eben jenem Amerika. Go Goa Gone spielt dann auch vor allem ausgerechnet dort, wo sich die meisten Westler aufhalten: in Goa, zumindest will es so das Klischee. Und in diesem Mix aus Zombieland und Hangover, aus Splatter- und Slackerkomödie, ist ordentlich Dampf angesagt. Denn offensiv gekifft wird hier wie in einem Apatow-Film, und das, dies die vielleicht ganz lustige Pointe - rettet die Anti-Helden dieses Films ausgerechnet davor, zu Zombies zu werden.

Denn nach einigen beziehungskistlichen Achterbahnfahrten, sowohl was die Liebe als auch die WG-Partner angeht, finden sich die Protagonisten im paradiesischen Goa wieder, wo man dann zu einer Insel hinausfahren will, auf der eine illegale Rave-Party stattfindet. Organisiert von den Schergen der russischen Mafia - anscheinend der heißeste Scheiß. Sex, Drogen und Musik, das sind die Ingredienzien, die auch indische berufsjugendliche Herzen höher schlagen lassen. Doch die Einnahme der roten Pillen, die einem dort auf einem Tablett angeboten werden, können sich die Helden des Films nicht leisten. Zum Glück, denn diese neue Chemie lässt alle Konsumenten über Nacht zu Zombies werden, die dann am nächsten Morgen in einem wilden Raubzug über die Insel ziehen - auf der Suche nach Menschenfleisch.

Indiens erste "Zom-Com" (= Zombie-Comedy, so die Werbung für den Film) ist auch bei der Kritik ein ziemlicher Erfolg gewesen. Man schätzt die frischen Einflüsse, die es vorher so noch nicht im Bollywoodkino gegeben habe. Nun, für westliche Augen ist es nun eben die Mixtur aus indischen und amerikanischen Komödienstandards, die hier ausgespielt werden, und da kann man durchaus sehr seinen Spaß haben. Es ist tatsächlich ein sehr unschuldig anmutender Spaß, der sich einem hier bietet, so kalkuliert der Film auch sein mag. Auch der bemüht hippe Drum&Bass-Soundtrack ist ein Indiz dafür, dass man dann doch noch etwas hinterherhinkt. Gleichwohl rummst es ordentlich und unterfüttert den Film energetisch mit massivem Drive - und ja, als sich dann auch noch der böse Mafia-Boss mit blondgefärbten Haaren als "Desi aus Delhi" outet, dann macht das schon ganz schöne Popcorn-Laune. Oder wenn einer der Protagonisten namens Hardik einer Amerikanerin am Strand beim Tanzen seinen Namen nennt, und die nur "hard dick" versteht. Go Goa Gone bietet am Ende, natürlich, auch den Stoff für eine Fortsetzung: Denn als dann schließlich die Flucht - unter Verlusten - gelungen ist, erreichen die Überlebenden wieder den Strand von Goa (natürlich nicht ohne nochmals deutlich in die Kamera gesprochen und den schlimmen Drogen, Zigaretten und dem Alkohol abgeschworen zu haben - eine Szene, die einem in unseren Breiten um die Ohren gehauen werden würde). Und auch dort, im Paradies auf Erden ist alles zerlegt und qualmende Asche. Der Kampf gegen die Zombies kann in die zweite Runde gehen.








***

Beliebte Posts aus diesem Blog

Abschied

Micha hat diesen Blog fast 15 Jahre mit großer Leidenschaft geführt. Seine Liebe zum asiatischen Kino hat ihn in dieser Zeit in Kontakt mit ganz unterschiedlichen Menschen gebracht. Viele von euch waren ihm, wenn auch nicht räumlich, so doch gedanklich und emotional sehr nah. Jetzt ist er am 30.12.2021 zuhause in Bonn gestorben. Ich habe mich entschlossen, Michas Schneeland-Blog auch in Zukunft nicht offline zu stellen. So können Interessierte weiterhin all die klugen, detailgenauen und begeisternden Gedanken zum asiatischen Kino nachlesen, die er über die Jahre festgehalten hat.  Neben seinem Blog hatte Micha 2021 noch ein neues Projekt aufgenommen: Gemeinsam mit der Videokünstlerin Sandra Ehlen und Thomas Laufersweiler von SchönerDenken hatte er begonnen, in einem Podcast das filmische Werk von Keisuke Kinoshita zu besprechen. 25 Beiträge sind so bis zu Michas Tod im Dezember noch entstanden. Alle zwei Wochen erscheint nun eine Folge dieser Kinoshita-Reihe. V ielleicht eine sc...

House Owner (2019) ‘ஹவுஸ் ஓனர்’ (directed by Lakshmi Ramakrishnan)

 Während der Regenzeit in Chennai geht ein zurückgezogen lebendes, älteres Ehepaar durch turbulente Zeiten. Anstatt sich den Lebensabend zu versüßen, sind sie in einer endlosen Spirale der Beziehungshölle gefangen - und zwar deswegen, weil der Ehemann an Alzheimer erkrankt ist. In dieser schwierigen Situation managt die Ehefrau den gesamten Haushalt - aber nicht nur das. Sie kümmert sich freilich um alles und erträgt auch die ruppige Art des ehemaligen Armeegenerals, der sich seiner eigenen Krankheit nicht bewußt ist. Die Schärfe in der Stimme, den ehemaligen Kasernenhof-Ton, hat er leider aber nicht vergessen.    Sriranjini ist dann auch die heimliche Protagonistin und generell die Hauptfigur in diesem aufs Nötigste reduzierten Drama, die alles überstrahlt - und sie meistert die Rolle großartig. Immer wieder bricht der Film aus der aktuellen Zeitschiene aus und springt hinüber auf eine andere, vergangene. Sie zeigt, wie es früher war. Wie sich die beiden kennenlernten...

Thittam Irandu (2021) ‘திட்டம் இரண்டு’ Directed by Vignesh Karthik

Thittam Irandu is a south Indian Tamil police procedural mixed with a nice love story that turns sour as the female detective investigates in a murder case and consecutively digs into the life of her new boyfriend . It is a very dark and atmospheric police procedural, with a hefty overstuffed script - but also with too many fade outs and accumulated scenes that make it almost impossible to find an organic flow in the long  run. It's getting quite annoying as it loses its 'natural rhythm' further down the road, if there's anything like that in filmmaking. Thittam Irandu could have been a lot better aswell with a little more effort especially in the sound department for there are endless repetitions of filler music. Wouldn't have been bad if it took care of the endless plot meanderings at the end aswell. But, there's good acting throughout, so I won't complain too much. Thittam Irandu is enjoyable for most of the running time, even though it starts to dra...