Hong Kong International Film Festival 2014: Atsumatta Hitotachi / Those Gathered (Shinji Imaoka, Japan 2013)
(c) HKIFF |
Shinji Imaoka, ein Regisseur der ursprünglich aus dem Pink-Film-Gewerbe stammt, und den man bei uns im Westen am ehesten von seinen beiden Werken TASOGARE - IM ABENDROT und dem jüngst bei Rapid Eye Movies erschienenen UNDERWATER LOVE her kennt, legt mit THOSE GATHERED ein Post-Pinku-Beziehungsdrama vor, das sich hauptsächlich über die gestörten Sexualitäten seiner Protagonisten offenbart. Es ist ein Beziehungsgeflecht mit vielerlei Handlungssträngen, am signifikantesten gebündelt in der Praxis einer nymphomanen Psychologin, die aber nur einen der Anker in der in verschiedene Erzählungen hinein und aus verschiedenen Biographien herausdriftenden Geschichte darstellt. Und obwohl der Film alles andere als eine Komödie ist, vielmehr offenbart sich permanent das wirkliche Leiden seiner Protagonisten an den Normierungen der Gesellschaft, so ist er doch nicht ohne Humor. Ein Humor allerdings, der sich hinter den bitteren Erlebnissen der Figuren versteckt, nur langsam zum Vorschein kommt, und den man um so begieriger aufsaugt.
THOSE GATHERED, diejenigen, die zusammenfanden, sind Versprengte einer moralisch restriktiven Gesellschaft, die Individuen zu Opfern und Täter stempelt, und die schwer an ihren Leiden zu tragen haben. Nicht alle Figuren und Schicksale bekommen im Film denselben Raum zugesprochen, manche Figuren bleiben zwangsläufig blasser. Sind somit eher Platzhalter für ein weiteres Krankheitssymptom als individuelle Figur; aber das schadet dem recht knapp gehaltenen Film (Pinkfilm-Länge von 62 Minuten) keineswegs. Da trotzdem individuelle Geschichten erzählt werden, bekommt der Film bisweilen etwas Miniatürliches, ohne dabei putzig oder schmunzlig zu werden. Dafür ist er dann doch immer viel zu bitter und aufwühlend - ohne sensationalistisch zu sein. Stets findet Imaoka die richtige Balance. Und wie souverän dieser Mann ist, das zeigt sich dann ganz am Ende, nachdem wir dem Gespräch der beiden Prostituierten beim Friseur lauschen durften, die einem jungen Mann Tipps in Liebesdingen erteilen und ihm die komplizierte Funktionsweise der Psyche der Frau erklären. Da findet der Film jubelnd und tanzend zu seinem Finale, euphorisch und mit einer Fuck You! - Einstellung, die ein bisschen anarchisch, aber definitiv segensreich ist. Toll!
***