Direkt zum Hauptbereich

The Old Crocodile / Toshi wo totta wani (Koji Yamamura, Japan 2005)

Der 1964 in Nagoya geborene, unabhängig produzierende Animationsregisseur Yamamura überzeugt hier mit einer Geschichte über ein uraltes, träges Krokodil, dass von seiner Sippe verstoßen wird, weil er seine Schwiegertochter aufgefressen hat.



Als er ein Octopusfräulein kennenlernt, die sich in ihn verliebt, hat er jedoch plötzlich jemanden, der sich um ihn kümmert. Sie füttert ihn nicht nur mit Fischen, sondern führt ihn auch noch aus Ägypten hinaus ins Rote Meer, wo sich sein Rheumathismus schlagartig bessert.

Jedoch: das Krokodil kann sich nicht zurückhalten, und verspeist jede Nacht ein weiteres Tentakel seiner Freundin, da diese so wohlschmeckend sind - glücklicherweise kann sie nicht gut zählen, und bemekrt den Verlust nicht. Doch eines Tages ist nur noch ein einziges Tentakel übrig und das Krokodil schon ganz verbrannt vor lauter Sonne und rotem Meer...



Interessanterweise steuert die Geschichte auf ein moralisches Ende zu, wie sich unschwer erkennen läßt, doch liegt die Überraschung nicht zuletzt darin, dass Yamamura sich mit einem sehr unerwarteten Twist aus der Affäre zieht, und sich der Plot nochmals in eine ganz andere, überraschende Richtung wendet. Gezeichnet ist der Zeichentrickfilm in einem sehr reduzierten schwarzweiß-Stil, und schreckt auch nicht vor Point-of-View-Perspektiven zurück, die man nicht erwarten würde. Erzählt wird die Geschichte von einem Off-Narrator. Sehr feiner Kurzfilm.

Beliebte Posts aus diesem Blog

Tora-san: Our Lovable Tramp / Otoko wa tsurai yo / Tora-San 1 (Yoji Yamada, Japan 1969)

Nach zwanzig langen Jahren des Umherstreifens kehrt Torajiro (Kiyoshi Atsumi) nach Hause zurück: nach Shibamata, einem Vorort von Tokyo. Seine Schwester Sakura (Chieko Baisho) lebt mittlerweile bei Onkel und Tante, da die Eltern verstorben sind. Dort wird er mit offenen Armen empfangen, auch wenn alle wissen, was er für ein Herumtreiber ist. Sakura steht kurz vor der Hochzeit mit dem Sohn eines reichen Industriellen. Somit wäre für ihre Absicherung gesorgt. Zum gemeinsamen Essen mit dessen Eltern nimmt sie Tora als Begleitung mit; das allerdings war ein Fehler: in fantastisch kopfloser Weise betrinkt er sich und ruiniert mit seiner gespielten weltläufigen Gesprächsführung die Zusammenkunft - er verstößt in jeder Form gegen die gebotene Etiquette. Wie er auch im Folgenden, wenn er sich in die Brust wirft, um etwas für andere zu regeln, ein pures Chaos schafft und alles durcheinander bringt. Der Film allerdings ist keine reine Komödie. Denn Tora werden die Verfehlungen vorgehal

Abschied

Micha hat diesen Blog fast 15 Jahre mit großer Leidenschaft geführt. Seine Liebe zum asiatischen Kino hat ihn in dieser Zeit in Kontakt mit ganz unterschiedlichen Menschen gebracht. Viele von euch waren ihm, wenn auch nicht räumlich, so doch gedanklich und emotional sehr nah. Jetzt ist er am 30.12.2021 zuhause in Bonn gestorben. Ich habe mich entschlossen, Michas Schneeland-Blog auch in Zukunft nicht offline zu stellen. So können Interessierte weiterhin all die klugen, detailgenauen und begeisternden Gedanken zum asiatischen Kino nachlesen, die er über die Jahre festgehalten hat.  Neben seinem Blog hatte Micha 2021 noch ein neues Projekt aufgenommen: Gemeinsam mit der Videokünstlerin Sandra Ehlen und Thomas Laufersweiler von SchönerDenken hatte er begonnen, in einem Podcast das filmische Werk von Keisuke Kinoshita zu besprechen. 25 Beiträge sind so bis zu Michas Tod im Dezember noch entstanden. Alle zwei Wochen erscheint nun eine Folge dieser Kinoshita-Reihe. V ielleicht eine schöne

Kandagawa Wars / Kandagawa Inran Senso (Kiyoshi Kurosawa, Japan 1983)

Zwei aufgedrehte Mädels beobachten mit ihren Ferngläsern des Nachts nicht nur die Sterne am Firmament, nein, sondern auch den Wohnblock auf der anderen Seite des Flusses gegenüber. Dort nämlich spielt sich Ungeheuerliches ab: ein junger Mann, der sich für Godard, John Ford, Deleuze und seine Querflöte interessiert, wird von seiner Mutter in regelmäßigen Abständen zum Geschlechtsverkehr gezwungen. Diese inzestuöse Schweinerei können die beiden nicht mehr länger tolerieren und so planen sie, den Unterdrückten aus seiner Sexhölle zu befreien - um ihn selbst zu besteigen, quasi als Heilmittel. Dabei haben sie nicht bedacht, dass der junge Herr vielleicht sogar ganz glücklich war mit seinem Muttersöhnchenstatus. Einmal fremdgegangen, will er sich direkt von der Brücke stürzen. Zudem wäre auch im eigenen Bette zu kehren: denn eine der beiden aufgeweckten Freiheitskämpferinnen wird selbst recht ordenlich unterdrückt. Ein ekliger Brillentyp, sowas wie ihr Freund, besteigt sie in unersättli