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Fine, Totally Fine / Zenzen Daijobu (Yosuke Fujita, Japan 2008)

Yosuke Fujitas Erstlingswerk ist ein klein wenig ein besonderer Film: anstatt auf Klamotte zu machen und auf die schnellen Kicks für die Mitzwanziger-Generation zu setzen, kreiert er einen langsamen, beinah meditativen Film über Berufsjugendliche an der Schwelle zum sogenannten "Erwachsenwerden" Anfang 30. Der Regisseur, von Haus aus Theaterregisseur, setzt dabei auf kontemplative Ruhe, lange Einstellungen und unterschwelligen Humor, der durch die statischen Kamerapositionen eine gewisse Sprengkraft Richtung Losprusten entfaltet.


Doch worum geht's: drei Freunde finden eher schlecht als recht den Einstieg ins Berufsleben; Hisanobu arbeitet als stellvertretender Stationsleiter (oder sowas ähnliches) in einem Krankenhaus, der andere dreht einen Horrorfilm mit seinen beiden Freunden als Darsteller, die ihre echten Streitereien in den Film hineintragen; der Hauptdarsteller des Films, Teruo, Yoshiyoshi Arakawa, wohnt noch zuhause über dem Second Hand-Buchladen seiner Eltern und arbeitet aushilfsweise beim Gartenbauamt und träumt davon, ein Horror-Hostel zu eröffnen. In diese Konstellation platzt die enorm hübsche, und genauso schüchterne Akari, Yoshino Kimura, in die sich alle zeitgleich verlieben. Es fügen sich also mehrere Erzählstränge zu einem offenen Ganzen - offen deswegen, da man durchaus bemerkt, dass der Film nicht immer genau weiß, wo er hin will. Die sympathische Ausstrahlung macht das aber wett, und man läßt sich nur allzu gerne Mittreiben.



Weit davon entfernt deprimierendes Coming-of-Age Drama zu sein, oder übertriebenes Meta-Nerdkino für Horrorfilmfans und auch keinesfalls belangloses Wohlfühlkino für den verregneten Sonntagnachmittag der Melancholikerfraktion: FINE, TOTALLY FINE ist erstklassig inszenierte, humorvolle Unterhaltung. Ganz im ernst.

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