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Fine, Totally Fine / Zenzen Daijobu (Yosuke Fujita, Japan 2008)

Yosuke Fujitas Erstlingswerk ist ein klein wenig ein besonderer Film: anstatt auf Klamotte zu machen und auf die schnellen Kicks für die Mitzwanziger-Generation zu setzen, kreiert er einen langsamen, beinah meditativen Film über Berufsjugendliche an der Schwelle zum sogenannten "Erwachsenwerden" Anfang 30. Der Regisseur, von Haus aus Theaterregisseur, setzt dabei auf kontemplative Ruhe, lange Einstellungen und unterschwelligen Humor, der durch die statischen Kamerapositionen eine gewisse Sprengkraft Richtung Losprusten entfaltet.


Doch worum geht's: drei Freunde finden eher schlecht als recht den Einstieg ins Berufsleben; Hisanobu arbeitet als stellvertretender Stationsleiter (oder sowas ähnliches) in einem Krankenhaus, der andere dreht einen Horrorfilm mit seinen beiden Freunden als Darsteller, die ihre echten Streitereien in den Film hineintragen; der Hauptdarsteller des Films, Teruo, Yoshiyoshi Arakawa, wohnt noch zuhause über dem Second Hand-Buchladen seiner Eltern und arbeitet aushilfsweise beim Gartenbauamt und träumt davon, ein Horror-Hostel zu eröffnen. In diese Konstellation platzt die enorm hübsche, und genauso schüchterne Akari, Yoshino Kimura, in die sich alle zeitgleich verlieben. Es fügen sich also mehrere Erzählstränge zu einem offenen Ganzen - offen deswegen, da man durchaus bemerkt, dass der Film nicht immer genau weiß, wo er hin will. Die sympathische Ausstrahlung macht das aber wett, und man läßt sich nur allzu gerne Mittreiben.



Weit davon entfernt deprimierendes Coming-of-Age Drama zu sein, oder übertriebenes Meta-Nerdkino für Horrorfilmfans und auch keinesfalls belangloses Wohlfühlkino für den verregneten Sonntagnachmittag der Melancholikerfraktion: FINE, TOTALLY FINE ist erstklassig inszenierte, humorvolle Unterhaltung. Ganz im ernst.

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Tora-san: Our Lovable Tramp / Otoko wa tsurai yo / Tora-San 1 (Yoji Yamada, Japan 1969)

Nach zwanzig langen Jahren des Umherstreifens kehrt Torajiro (Kiyoshi Atsumi) nach Hause zurück: nach Shibamata, einem Vorort von Tokyo. Seine Schwester Sakura (Chieko Baisho) lebt mittlerweile bei Onkel und Tante, da die Eltern verstorben sind. Dort wird er mit offenen Armen empfangen, auch wenn alle wissen, was er für ein Herumtreiber ist. Sakura steht kurz vor der Hochzeit mit dem Sohn eines reichen Industriellen. Somit wäre für ihre Absicherung gesorgt. Zum gemeinsamen Essen mit dessen Eltern nimmt sie Tora als Begleitung mit; das allerdings war ein Fehler: in fantastisch kopfloser Weise betrinkt er sich und ruiniert mit seiner gespielten weltläufigen Gesprächsführung die Zusammenkunft - er verstößt in jeder Form gegen die gebotene Etiquette. Wie er auch im Folgenden, wenn er sich in die Brust wirft, um etwas für andere zu regeln, ein pures Chaos schafft und alles durcheinander bringt. Der Film allerdings ist keine reine Komödie. Denn Tora werden die Verfehlungen vorgehal

Abschied

Micha hat diesen Blog fast 15 Jahre mit großer Leidenschaft geführt. Seine Liebe zum asiatischen Kino hat ihn in dieser Zeit in Kontakt mit ganz unterschiedlichen Menschen gebracht. Viele von euch waren ihm, wenn auch nicht räumlich, so doch gedanklich und emotional sehr nah. Jetzt ist er am 30.12.2021 zuhause in Bonn gestorben. Ich habe mich entschlossen, Michas Schneeland-Blog auch in Zukunft nicht offline zu stellen. So können Interessierte weiterhin all die klugen, detailgenauen und begeisternden Gedanken zum asiatischen Kino nachlesen, die er über die Jahre festgehalten hat.  Neben seinem Blog hatte Micha 2021 noch ein neues Projekt aufgenommen: Gemeinsam mit der Videokünstlerin Sandra Ehlen und Thomas Laufersweiler von SchönerDenken hatte er begonnen, in einem Podcast das filmische Werk von Keisuke Kinoshita zu besprechen. 25 Beiträge sind so bis zu Michas Tod im Dezember noch entstanden. Alle zwei Wochen erscheint nun eine Folge dieser Kinoshita-Reihe. V ielleicht eine schöne

No Blood Relation / Nasanunaka (Mikio Naruse, Japan 1932)

Der etwa ein Jahr vor Apart from You entstandene Film Nasanu naka , Naruses erster Langfilm, ist unter den noch verfügbaren Stummfilmen eine deutlich ungehobeltere Produktion, als dessen recht bekannter Nachfolger. Schon die Eröffnungssequenz ist ein richtiger Tritt vor die Brust. Mit schnellen Schnitten und agiler Kamera wird die turbulente Verfolgung eines Taschendiebes gezeigt. Bevor der Dieb später auf offener Straße, so die komödiantische Auflösung, die Hosen herunterlässt um seine Unschuld zu beweisen (übrigens sehr zum Amusement der ebenfalls anwesenden jungen Damen, die aus dem Kichern nicht mehr herauskommen). Die Eröffnung aber ist gleich ein radikaler Reißschwenk über eine Straßenszene hinweg, hinein in eine schreiende Schrifttafel mit dem Ausruf: DIEB! Hier die Sequenz: Darauf die Verfolgung des Taschendiebes durch die alarmierten Passanten, die von der Straße zusammenkommen oder aus den umliegenden Geschäften herausstürzen, alles mit schnellen Schnitten m