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Adrift in Tokyo (Satoshi Miki, Japan 2007)


Die Filme Satoshi Mikis konnten mich bisher nicht wirklich überzeugen: es sind sanft überdrehte Komödien, die ausser grotesker Ereignisse und schräger Charaktere wenig zu bieten hatten. Weder TURTLES ARE SURPRISINGLY FAST SWIMMERS, noch INSTANT SWAMP, den ich allerdings etwas besser fand, sind in irgendeiner Form herausragend - höchstens insoweit, als dass sie ganz besonders schnell in Vergessenheit geraten. Und gewollt schräge Filme wirken auf mich eben allzu oft ziemlich bemüht. Und wie anstrengend das sein kann, das zeigt sich auch an ADRIFT IN TOKYO - eine weitere skurrile Groteske des Komödienregisseurs, die sich endlos zieht und einfach nie zum Ende kommen will. Weil sie immer noch eine Figur auspackt, die etwas auf den Misthaufen der Erzählung draufpackt. Oder ein Ereignis, das additiv rangepappt wird. Und am Ende bleibt tatsächlich nicht viel mehr übrig, als ein großer Haufen episodischen Dungs. Die Melancholie des Filmplakats löst der Film selbst nie ein. Die Figuren sind allenfalls überrascht, in was sie hineingeraten. Dann kann Joe Odagiri wieder die Augen aufreissen und ein gedehntes "Eeeeh?" oder ein überraschtes Kleinmädchen - "Sugoooi!" von sich geben. Standardreaktionen in Standardsituationen, wie man es aus J-Dramen eben so kennt.

Der Film hat ein erschreckend dünnbrüstiges Erzählgerüst zu bieten: ein studierender Loser (Odagiri als Fumiya) ist in Geldnöten und hat sich bei verschiedenen Kredithaien in die Scheiße geritten. Plötzlich steht ein Geldeintreiber namens Fukuhara in der Tür und fordert nachdrücklich die Zahlung der ausstehenden Summe mit einer überzeugenden Nackenschraube. Jedoch, Fumiya ist nicht gerade der schnellste Problemlöser, und so steht er drei Tage später immer noch mit nichts da. Fukuhara kommt dann mit einem überraschenden Angebot: wenn  ihn Fumiya die nächsten Tage auf seinen Wegen durch Tokyo begleitet (Herumtreiben in Tokyo), dann will er auf die Begleichung der ausstehenden Summe verzichten und ihm das auch noch entlohnen. Gute Perspektiven für Fumiya, eigentlich, aber er befürchtet natürlich, dass die Sache einen Haken hat. Und weil hier alles nicht so richtig plausibel ist (die Gründe für das Begleiten sind zum Beispiel privater Natur und haben mit den Schulden gar nichts zu tun), wird der Film aus der Perspektive von Fumiya erzählt. Mit dessen Stimme als voice over, der die Ereignisse kommentiert. Immer schon eine tendenzielle Schwachstelle, wenn filmisch auf diese Technik zurückgegriffen werden muss (der Film kann es nicht aus sich selbst heraus erzählen), ist es nun leider auch nicht so, dass er einem die Figur des Protagonisten näher bringen würde. Der ist einfach weiterhin ein wenig sympathischer tumber Tor, der nicht weiß, warum und wie die Welt sich dreht.

Wie bemüht der Film dann ist, das sieht man an den einzelnen Ereignissen, die den beiden Anti-Helden zustoßen. Die reihen sich wie an einer Perlenschnur auf und müssen abgehakt werden. Das ist narrativ schon sehr schlicht gehalten  - und wenn man zwischendurch mal aufs Klo muss macht das nichts, das nächste unzusammenhängende Ereignis kommt bestimmt. Erst gegen Ende, wenn sich in Fukuharas Zuhause so etwas wie eine gestörte Ersatzfamilie zu bilden beginnt, ergibt sich so etwas wie eine narrative Entwicklung - und bitte jetzt nichts gegen Erzählkino sagen, das ist sowieso der einzige Aspekt, bei dem der visuell öde Film noch punkten könnte. Und plötzlich entwickelt auch der Struwwelpeter Fumiya so etwas wie Gefühle. Wer hätte das gedacht! Ja, die Frisuren in diesem Film sind ganz besonders lustig, natürlich gerade die der Protagonisten: 80er Jahre-Vokuhila bei Fukuhara und Rockabilly-Tolle bei Fumiya (Odagiri). Ach, wie amüsant. Die immer wieder schönen Bilder des Alltags aus den Vororten von Tokyo, weit weg von der Ginza und dem Getümmel Shibuyas oder Akihabaras, können diesen rundum belanglosen Film dann natürlich auch nicht mehr retten. Enttäuschend.

Michael Schleeh

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