Mit viel Aufwand wurde dieser Film produziert: die Schauspieler mussten sechs Monate mit dem Rad trainieren, gedreht wurde in verschiedenen Ländern auf mehreren Kontinenten, die Hürde, sich als Mann die Beine zu rasieren war wohl für viele Darsteller nicht einfach. Kein Witz. Der taiwanesische Radhersteller Merida stellte über dreihundert Räder zur Verfügung. Nach dem großartigen UNBEATABLE also ein weiteres Sportler-Drama von Actionmaestro Dante Lam.
Und dennoch ist TO THE FORE im Kern wohl oder übel nichts anderes als eine Liebesgeschichte. Zwei gut aussehende Sportler kämpfen um dieselbe Frau und ums gelbe Trikot. Und ein Koreaner will ihnen die Suppe vermiesen. Es ist der Sprung vom Amateur- zum Profisport, dabei kommen wie zwangsläufig ein paar zwischenmenschliche Ideale unter die Räder, einmal geht es im bedingungslosen Kampf auch um Doping.
Und dennoch, wie gesagt, geht es vor allem um die Liebe, und wenn es nicht klappt, dann wird gierig Whisky getrunken. Ein bestimmter Single Malt, wie so vieles in diesem Film: product placement allenthalben. Marken über Marken. Dass dieser hin- und herrschlingernde Film trotzdem oft Spaß macht, liegt auch und vor allem an den Actionszenen: mit der Kamera ist man hier mitten drin im Peloton. Jeder Sprint, Zweikampf, die Geschwindigkeit, die Kurven, die Bergpässe, die körperliche Erschöpfung, Massenkarambolagen, sich überschlagende Körper werden en detail gezeigt, atemlose Action verfilmt direkt vom Helm, Lenkrad, Schaltgetriebe.
Die Sache mit der Liebe in diesen Film ist, wie gesagt, leider etwas unbefriedigend. Zum einen ist und bleibt alles außerordentlich keusch und merkwürdig leidenschaftslos, aseptisch geradezu, zum anderen ist der Film ein klassischer Bechdel-Test-Verlierer. Komisches Frauenverständnis: Die Angebetete existiert nur im Verhältnis zum Mann, als Gegenstand der Eroberung oder als Trophäe. Sie hat keine einzige eigenständige Dialogzeile, die sie als autonomes Individuum etablieren würde, alles steht immerzu in Relation zum Lover. Kritisch sein darf sie nur mit tadelnden Blicken, persönliche Hürden und Traumata werden nur mit männlicher Hilfe überwunden (das Atmen, der Bungee-Sprung, die Verletzung). Am Ende, geradezu grotesk, kann sie nur wieder neu funktionieren mit dem vom Mann implantierten körperlichen Ersatzteil. Ein sehr trauriges Kapitel in diesem Film.
Die Zuschauer scheint das alles wenig zu stören. Die Frauen im Publikum um mich herum haben herzlich gelacht die ganze Zeit, und das ist nun ein weiterer Kern der Geschichte: der Film als Komödie. Auch so funktioniert er großartig: als Buddymovie, der Kapital aus den unterschiedlichen Charakteren der beiden Hauptfiguren schlägt. Das wirkt befreiend und ist ein hervorragender Katalysator für die nervenaufreibenden Actionszenen, für die Dante Lam so bekannt ist. Der Impact auf den menschlichen Körper wird hier mal nicht an Autos sondern direkt am Menschen gezeigt. Das hat ganz schön viel Power und tröstet darüber hinweg, dass der Film auch oft genug (auch optisch durch das krasse HD) wie eine billige Reklameveranstaltung wirkt.
Michael Schleeh
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