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Wild Animals (Kim Ki-duk, Südkorea 1997)


Eigentlich darf man über den Film gar nichts Wohlüberlegtes schreiben. Denn er selbst ist ein unbändig ruppiges Stück größter Orientierungslosigkeit und Verzweiflung, voller willkürlicher Zufälle, energetischen Eruptionen, höchster Gewalt, intimster Zärtlichkeit und grotesker Brutalität. Er wirft den Zuschauer von der einen Gefühlslage in die entgegengesetzte, unterlegt mit 80er Synthi- und arabischem Folklore-Pop. Grundiert mit der Verzweiflung zweier illegaler koreanischer Künstler (einer ein ehemaliger Soldat), die im "Milieu" von Paris zu Kleinkriminellen und schließlich zu Mördern werden. Die Frauen in diesem Film sind zwar allesamt begehrenswerte Wesen, müssen aber viel Leid und Gewalt ertragen und flüchten dann doch immer wieder in die Arme der falschen Männer. Und letztlich gilt auch für diese Männerbande, die ihre Homoerotik gut zu verbergen weiß: bros before hoes. Dennoch bringt der eine den anderen beinahe um. Schon für diesen frühen Film (davor gibt es nur noch das Debüt CROCODILES von 1996) gilt, was er später in einem Interview verlauten lässt: "Es geht mir dabei um eine Art von Magie, [...] um die Beziehung zwischen zwei Menschen, die allein in der Gewalt ihr adäquates Ausdrucksmittel findet." Kim Ki-duks Frankreich-Bewältigungsfilm: fehlen nur noch die Strandszenen eines obdachlosen Kunststudenten am Mittelmeer.

Und dann muss man erstmal über Sex reden. Gewalt und Sexualität stehen bei Kim immer im Zusammenhang (weswegen sein BAD GUY auch weitestgehend abgelehnt wird). Denis Lavant als Dealer und Zuhälter ist auch da, knetet die Brüste einer schönen Blonden; die Koreaner spritzen ab in der Porno-Kabine, während eine Prostituierte - übrigens ebenfalls Koreanerin und später deren Nemesis - die Hüften hinter der Scheibe kreisen lässt. Einer der beiden verliert bald den Kontakt zu dem, was man auch als Gangster noch so bringen kann. Rücksichtslose Gewalt gegen alle und jeden ist das, was bleibt. Und dann diese Grotesken: Ein Dealer vermöbelt seine Freundin wiederholt mit einer gefrorenen Forelle, die er aus dem Tiefkühlfach holt. Später wird er dann im gerechten Ausgleich, Zahn um Zahn, von ihr erstochen werden (bei Kinji Fukasaku gibt es übrigens auch eine solche Szene in einem seiner großen Gangsterfilme, wo einer auf dem Markt mit einem Fisch zusammengeschlagen wird). Einer der beiden Anti-Helden treibt es dann auch mit ihr, denn eigentlich ist sie Performance-Künstlerin und steht den ganzen Tag halbnackt im Park als Statue herum.

Die Bilder des Films sind ruppig, körnig, suchen nichts Schönes. Es ist, wie es ist. Hell oder dunkel, zu hell, zu dunkel. Nicht zu viele Positionen, eine gute genügt. Aber: Geht es runter ins Wasser, geht die Kamera auch ins Wasser. Soviel Aufwand muss sein. Kameramann ist übrigens Seo Jeong-min, der auch seinen nächsten Film, den großartigen THE BIRDCAGE INN (1998) ablichten wird, ein leider heute weitestgehend übersehenes erstes großes Meisterwerk voller trüber Existenzen. Einige Jahre später folgte für Seo dann noch Kims ebenfalls überragender ADDRESS UNKNOWN. In WILD ANIMALS ist man jedenfalls - zumindest ästhetisch - noch meilenweit von Kims berühmt gewordenen Gewässer-Filmen entfernt, von SEOM-THE ISLE und FRÜHLING, SOMMER, HERBST, WINTER... UND FRÜHLING und dem etwas weniger guten THE BOW. Der Film steigert sich in der Intensität vom erst noch recht zahmen Kunstraub der Prekariatsmaler, die ihre Beute auf der Straße an Passanten verkaufen, hin zum existenziellen Drama mit Mord und Totschlag. Und am Ende, da bleibt für alle Beteiligten nur die schlechteste aller möglichen Lösungen. Ein, wie ich finde, mit Einschränkungen wunderbarer, in der internationalen Rezeption eher schlecht wegkommender Film, der vor allem ein wenig an den mediokren französischen Schauspielern leidet. Es ist ein rarer und schwer zu bekommender Film, der aber nicht nur für Komplettisten sehenswert ist. Spröde muss man aber auch ein bisschen gut finden.

Michael Schleeh

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