Gestern Abend hat das diesjährige Japanische Filmfestival Hamburg seine Pforten geöffnet. Wie man auf einem live-Video auf Facebook mitverfolgen konnte, war die Eröffnungsveranstaltung sehr gut besucht und alle Mitarbeiter, wie auch japanischen Gäste erschienen auf der Bühne für eine ausgedehnte Vorstellungsrunde. Als Film wurde die Anime-Realverfilmung GINTAMA (2017) von Yuichi Fukuda gezeigt, in dem ein Samurai-Krieger aus der Edo-Zeit mithilfe von viel CGI, Blitz und Donner durch mehrere Zeitebenen reist und es unter anderem mit einer Invasion von Außerirdischen aufnehmen muss. Nun ja. Der Regisseur ist bekannt für seine inhaltlich grenzgängerischen Werke, die HENTAI KAMEN-Filme sind sicherlich einigen Leuten ein Begriff.
Das Programm ist wie jedes Jahr sehr knallig und vor allem breit aufgestellt - und bedient damit die unterschiedlichsten Sparten. Heute Abend etwa läuft Eiji Uchidas neues Loser-Drama LOVE AND OTHER CULTS (das ich hier besprochen habe), zeitgleich zu einem meiner absoluten Lieblingsfilme der letzten Jahre: 100 YEN LOVE aus dem Jahr 2014 mit Sakura Ando in der boxenden Hauptrolle (meine Besprechung findet ihr hier). Außerdem sehr interessant: Nobu Uchidas Außenseiter-Drama OUR ESCAPE (2017) und für die Leute, die ihren Mitternachtsfilm mit etwas Gore abrunden wollen, das Doppelprogramm DEVOTEE TO SPRING und MY NAME IS RIKU (beide jeweils knapp 40 Minuten).
Am Freitag sicherlich unbedingt sehenswert ist Daisuke Miyazakis YAMATO / CALIFORNIA, der schon einigen Buzz verursacht hat, Yusaku Matsumotos Akihabara-Drama NOISE (2017), Sion Sonos knackiger ANTIPORNO, bei dem einem die Augen rausfallen und das coming-of-age-Drama KANAZAWA SHUTTER GIRL. Am späten Abend kann man dann noch Eiji Uchidas allerneuste Produktion LOVE FOR SALE (2018) anschauen, die im AV-Film-/bzw. Rotlichtmilieu angesiedelt ist.
Der Samstag: RADIANCE / HIKARI von Naomi Kawase etwa, SWAYING MARIKO von Koji Segawa (2017), der auch beim Raindance lief, der Zusammenschnitt von TOKYO VAMPIRE HOTEL von Sion Sono, der Serie, die momentan auf amazon prime zu sehen ist, oder der wirklich sehr gute Independent-Horrorfilm BAMY von Jun Tanaka (den ich hier besprochen habe), der mit seinem Minimalismus eine ungeheuerliche Spannung aufbaut. Man wird rote Regenschirme zukünftig mit anderen Augen sehen!
Der Sonntag beginnt stilgerecht mit dem Missbrauchdrama I WILL NEVER FORGIVE von Hideki Wada (2018), kontert mit Mamoru Oshiis experimentellem Mobbing-Künstlerdrama NOWHERE GIRL (2014), beruhigt sich etwas mit dem Liebesdrama MODERN LOVE von Takuya Fukushima und schließt mit einer gewaltigen Splatterorgie von Midori-Impuls im Studio-Kino ab. Die ideale Vorbereitung für den Montag, wenn man wieder zur Arbeit muss.
Wer jedoch YOUR NAME. (2016) noch nicht gesehen hat, den Animationsfilm von Makoto Shinkai, der alle Box-Office-Rekorde gebrochen hat, der hat am Sonntag Abend im Metropolis noch einmal die Chance dazu, diesen bildgewaltigen Film auf großer Leinwand genießen zu können.
Michael Schleeh
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