Es ist für mich mittlerweile zur Tradition geworden, Ende Mai über Fronleichnam nach Frankfurt zu reisen und eine knappe Woche beim Nippon Connection Film Festival dem japanischen Film zu huldigen. Es gibt aber noch einen Grund, dies jedes Jahr zu wiederholen: die Atmosphäre des Festivals ist einzigartig. Das liegt nicht nur daran, dass eigentlich alle Anwesenden ausgesprochen gut gelaunt sind (ein großer Gegensatz zur Berlinale, zum Beispiel) - sondern dass ich dort enorm viele Leute treffen kann, die mir mittlerweile ans Herz gewachsen sind. Und neue Bekanntschaften zu machen, die das Potenzial dazu hätten, wenn man sich öfters sähe. Die Begeisterung für alles Japanische scheint eine tiefe, unausgesprochene Verbundenheit zwischen den Festivalteilnehmern zu stiften, die für einen kurzen Moment alles möglich erscheinen lässt.
Auch dieses Jahr ist das Film-Programm wieder sehr schön geworden. Neben dem tollen Rahmenprogramm, bei dem vor allem drei Veranstaltungen für mich herausstechen:
1. Der Vortrag von Tom Mes über sein neues Buch Meiko Kaji Unchained, das bei Arrow Films erschienen ist.
2. Das "Heimkino" von Jörg Buttgereit wurde wiederbelebt.
3. Protestkultur in Japan nach Fukushima: "Sayonara Atomkraft" von Andreas Singler, der mehrere Jahre zur Anti-Atomkraft-Bewegung in Japan geforscht hat.
Das Filmprogramm speist sich wieder aus den Sektionen, die man von den vorherigen Jahrgängen her kennt: Nippon Cinema (das wäre der "Wettbewerb" auf anderen Festivals), Nippon Animation, Nippon Visions (neue Filmemacher und Indies), Nippon Docs, und die Nippon Retro, die ins Filmmuseum am Main ausgelagert ist. Alle anderen Filme laufen hauptsächlich im Mousonturm und der Naxoshalle - die eine der herausfordernsten Bestuhlungen westlich der japanischen Inselkette zeitigt.
Anstatt nun alle Filme vorzustellen (dafür gibt es die Webseite) liste ich hier meinen persönlichen Fahrplan auf:
(Dienstag): Eröffnung mit Mori, the Artist's Habitat von Shuichi Okita im Mousonturm und Love and Wolbachia von Sayaka Ono in der Naxoshalle. Danach Outrage Coda von Takeshi Kitano - den ich schon gesehen habe und so eingeschätzt habe - und A Free Man von Andreas Hartmann in der Naxoshalle. Am Dienstag werde ich noch nicht vor Ort sein.
Mittwoch: Party 'round the Globe von Hirobumi Watanabe
Birds without Names von Kazuya Shiraishi
Tremble all you Want von Akiko Oku
Bamy von Jun Tanaka (habe ich schon gesehen und hier besprochen habe)
Donnerstag: The Night I Swam von Kohei Igarashi und Damien Manivel
Trace of Breath von Haruka Komori
We Are von Michihito Fujii
Dear Etranger von Yukiko Mishima
The Blood of Wolves von Kazuya Shiraishi
Freitag: Blogger-Frühstück, organisiert von Schöner Denken
Meiko Kaji Unchained von Tom Mes
Danchi Woman von Akiko Sugimoto
Pumpkin and Mayonnaise von Masanori Tominaga
Hanagatami von Nobuhiko Obayashi oder Tim & Puma Mimi Live-Konzert
Samstag: The Night is short, Walk on Girl von Masaaki Yuasa
River's Edge von Isao Yukisada
Enokida Trading Post von Ken Iizuka
Oh Lucy! von Atsuko Hirayanagi
Cyclops von Norichika Oba
Sonntag: Mutafukaz von Shojiro Nishimi und Guillaume Renard
Flower and Sword von Tetsuo Shinohara
Es ist immer die Qual der Wahl, die mich den einen Film sehen lässt, dafür einen anderen unmöglich macht. Aber so ist es immer auf Festivals. Und Kritiken schreiben möchte man auch noch, und Podcasts aufnehmen ebenso. Ich freue mich auf eine irre volle Woche an Filmen und Begegnungen. Die Nippon Connection 2018 kann kommen!
Michael Schleeh
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